Hüftgelenksarthrose
- primäre Arthrose (idiopathisch)
- sekundäre Arthrose:
- Hüftdysplasie
- M. Perthes:
- Stuhlberg Klassifikation dient der Beurteilung des Arthroserisikos zum Zeitpunkt der Ausheilung:
- Stadium 1 mit rundem Kopf und normaler Hüfte: Arthroserate 0 %
- Stadium 2 mit rundem Kopf und Coxa magna: Arthroserate 16 %
- Stadium 3 mit ovalem, pilzförmigem Kopf und Coxa magna: Arthroserate 58 %
- Stadium 4 mit flachem Kopf, kongruent zum Acetabulum: Arthroserate 75 %
- Stadium 5 mit inkongruentem, flachem Kopf: Arthroserate > 80 %
- Trauma
- avaskuläre Knochennekrose
- epiphysäre Dysplasie
- Coxitis
- Impingement: Anschlagen des Kopf-Halsübergangs am Pfannenrand und Labrum
- Mechanismus (1): Cam-Impingement
- Verlust des Hüftkopf-Schenkelhals-Offsets (meist mit begleitender Verringerung der Anteversion des Schenkelhalses) führt zu einem Impingement zwischen Kopf- Halsübergang und Labrum: Pistolengriff-Deformität (pistol-grip deformity), Labrumverschleiß und Knorpelabhebung später Arthrose des anterolateralen Pfannenrandes
- Mechanismus (2): Pincer-Impingement
- Retroversion des Acetabulums oder Coxa profunda: fördern Impingement im Bereich des vorderen Pfannenrandes
- In 80 % der Fälle liegt eine Kombination aus Pincer und Cam Impingement vor.
- Verlauf:
- initial meist periphere Gelenkspaltverschmälerung
- Impingement ist wahrscheinlich eine der Hauptursachen für die „idiopathische“ Hüftarthrose (Tantzer, 2004)
- Mechanismus (1): Cam-Impingement
Diagnose / Klinik:
- Innenrotationsschmerz
- belastungsabhängige Schmerzen, Anlaufschmerzen
- Bewegungseinschränkung: Innenrotation zuerst
- Beugekontraktur: Thomashandgriff zum Ausgleich der kompensatorischen Lendenlordose
- Hinken:
- Schmerzhinken: Verkürzung der Standphase
- Trendelenburg-Hinken: Insuffizienz der Abduktoren wird durch Verlagern des Körperschwerpunkts über das Hüftgelenk kompensiert
- Verkürzungshinken: Becken wird zur kürzeren Seite hin verkippt
- Trendelenburg-Zeichen: der Patient kann im Einbeinstand das Becken aufgrund einer Schwäche der Abduktoren nicht in der Horizontalen stabilisieren (15 Sekunden Einbeinstand führt zum Abkippen zur Gegenseite)
- Röntgen: AP- und seitliche Aufnahme, Faux-Profil
- Dysplasie:
- Centrum-Erker-Winkel nach Wiberg (CE-Winkel) < 25 Grad
- Faux-Profil: CE-Winkel < 25 Grad
- MRT:
- Anterolaterale Labrumveränderungen
- Anterolaterale Knorpelveränderungen, subchondrales Ödem
- Cam-Impingement (Alpha Winkel > 60 Grad)
Therapie:
konservative Therapie:
- Krankengymnastik: Kräftigung der Abduktoren, Erhalt der Beweglichkeit
- Modifikation des Lebenswandels:
- Vermeidung starker Belastungen, Sport
- adäquate Ruhepausen
- Gewichtsreduktion
- Vermeidung schmerzhafter Bewegungen
- physikalische Therapie:
- Wärme, Hydrotherapie, Ultraschall, Kältetherapie
- Therapie im Bewegungsbad: Kräftigung der Muskulatur und Erhalt der Beweglichkeit bei relativer Verminderung des Körpergewichts
- Schuhzurichtung: schockabsorbierende Sohlen
- Gehstock:
- auf der gesunden Seite
- Gehstock sollte bis zur Spitze des Trochanter majors reichen (mit Schuhen)
- NSAR
- orale Arthrosemedikamente:
- Chondroitinsulfat und Glukosamine: Nährstoffe für den Knorpel, stimulieren den Knorpelstoffwechsel
- kurzfristig positiver Effekt durch Studien belegt, langfristiger Effekt unklar
- nur sinnvoll in frühem Stadium, wenn noch Knorpel vorhanden ist
- Infiltration des Hüftgelenks: Lokalanästhetikum und Kortison
- Diagnostik und Therapie
- maximal 3 Injektionen / Jahr
- Infiltration mit Gelenkflüssigkeitsersatz (Hyaluronsäure (Hyalgan, Orthovisc))
- Technik: Ultraschall gesteuert oder unter Bildverstärker
- nur sinnvoll in frühem Stadium, wenn noch Knorpel vorhanden ist
- Ergebnisse:
- Schmerzlinderung in Studien belegt
- Verringerung des Bedarfs an NSAR
operative Therapie:
- Hüftarthroskopie:
- Kontraindikation: Arthrose und Zeichen einer Gelenkspaltverschmälerung sind eine Kontraindikation für die Hüftarthroskopie
- Débridement des Labrums versus arthroskopische Refixierung (in der Regel wird vor dem 35. Lebensjahr eine Labrumrefixierung bevorzugt)
- Cam-Impingement: Abtragung der CAM Läsion am Kopf-Hals-Übergang: ob eine solche Operation vor der Entstehung der Hüftgelenksarthrose schützt wird kontrovers diskutiert
- Débridement des Knorpels, Microfracture, Gelenkspülung: eine arthroskopische Therapie macht in der Regel nur Sinn, wenn es sich um einzelne, traumatische Läsionen handelt, degenerative Knorpelveränderungen stellen eine Kontraindikation zur Hüftarthroskopie da
- erfordert erfahrenen Operateur
- Umstellungsosteotomie: Hüftdysplasie
- Hüftdysplasie (siehe Kapitel Kinderorthopädie): 3-fach Beckenosteotomie nach Tönnis und Kalchschmidt oder periacetabuläre Osteotomie (PAO) nach Ganz
- PAO: der hintere Pfannenpfeiler bleibt intakt, stabilere Rekonstruktion (frühere Belastung), jedoch technisch anspruchsvoller, höhere Komplikationsrate (Ischadiukusverletzung)
- Tönnis-Kalchschmidt Osteotomie: technisch einfacher und exzellente Korrekturmöglichkeit, der Beckenring wird jedoch durch die Osteotomie unterbrochen und die Rekonstruktion hat eine geringere initiale Stabilität
- Varisierende-, valgisierende Osteotomie oder DVO (derotierende, varisierende Osteotomie)
- oft in Kombination mit Beckenosteotomie
- Abduktionsaufnahmen helfen bei der Planung einer varisierenden Osteotomie (erhaltene Gelenkkongruenz)
- Implantation einer Hüftprothese nach varisierender Osteotomie deutlich erschwert (in Studien zeigten bis zu 25 % der Patienten Komplikationen und bis zu 18 % bedurften eines Prothesenwechsels in einem 5-Jahreszeitraum)
- Ergebnisse um so besser, je geringer der Ausprägungsgrad der Arthrose
- Hüftgelenksarthrodese:
- Stellung: 20 Grad Flexion, 5 Grad Abduktion
- Problem: sekundäre Arthrose der LWS, des Hüftgelenks der Gegenseite und des Kniegelenks der gleichen Seite
- spätere Umwandlung in eine Hüftprothese möglich, jedoch technisch anspruchsvoll
- in Anbetracht der guten Ergebnisse der Hüftendoprothetik heute nur noch selten indiziert
- Indikation: Z.n. rezidivierenden Infektionen, junger Patient
- Hüftendoprothese:
- heute bei nahezu jeder primären und sekundären Arthrose indiziert
- je jünger und aktiver der Patient, desto eher sind alternative Behandlungsverfahren (Hüftarthroskopie, Umstellungsosteotomie, Arthrodese) oder Implantate (Kurzschaftprothese, Oberflächenersatz) in Erwägung zu ziehen
- Pfanne: heute meist zementfreie modulare Press-Fit Pfannenkomponenten
- Schaft:
- Trend geht zu zementfreier Verankerung
- neue Implantate (Kurzschaft-Prothesen (z.B. Mayo-Hüfte, Proxima etc.), SchenkelhalsProthese (z.B. CUT), Oberflächenersatz) haben das Ziel, den Knochen am proximalen Femur für spätere Wechseloperationen zu erhalten
- neue Gleitpaarung: Metall – hochvernetztes Polyethylen, Keramik – hochvernetztes Polyethylen, Keramik – Keramik und Metall – Metall
- Operationstechnik: im Trend sind minimal invasive Operationsverfahren und die navigierte Pfannenimplantation
- Roboterimplantation hat gravierende Nachteile und ist inzwischen verlassen worden: großer Zugang, lange Operationszeit, Verletzung der Abduktoren, erhöhte Infektionsrate
Komplikationen / Prognose:
- Prophylaxe: adäquate Therapie der zugrunde liegenden Erkrankung (M. Perthes, Hüftdysplasie, Hüftkopfabrutsch, Impingement)
- langsam progrediente Erkrankung, akute Verläufe möglich