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Notizbuch

Tibiakopffraktur

- Ätiologie: Kontakt der Femurkondyle mit dem Tibiaplateau bei Trauma
- Häufigkeit: laterale > bikondyläre > mediale Tibiakopffrakturen

Bildgebung:

- Röntgen: AP, seitlich, schräg
- Computertomografie:

  • exzellent zur Planung des operativen Vorgehens
  • Gelenkstufen sicher abgrenzbar
  • gerade bei perkutanen Verfahren und kleinen Zugängen wichtig, um eine adäquate Osteosynthese zu ermöglichen
  • bei offenem Operationsverfahren nicht zwingend erforderlich

- MRT:

  • zusätzliche Informationen über Weichteilverletzungen: mediales Kollateralband, vorderes Kreuzband, Meniskusverletzungen (50%)

- Arthroskopie: Beurteilung der Gelenkfläche bei perkutanen und minimal invasiven Verfahren

 

Abb. 3-47: Schatzker Klassifikation (J Beaty, Orthopaedic Knowledge Update 6, AAOS, Illinois, 1999)
Abb. 3-48: Schatzker Klassifikation (J Beaty, Orthopaedic Knowledge Update 6, AAOS, Illinois, 1999)
Orthoforum

Einteilung:

Schatzker Klassifikation:
- Typ 1: laterales Fragment
- Typ 2: laterale Fraktur mit Impression der Gelenkfläche
- Typ 3: Impression der lateralen Gelenkoberfläche
- Typ 4: mediale Fraktur
- Typ 5: bikondyläre Fraktur
- Typ 6: bikondyläre Fraktur mit Verlust der meta-diaphysären Lagebeziehung der Fragmente

AO-Klassifikation:
- Typ A: extraartikulär
- Typ B: intraartikulär, monokondylär (Schatzker 1-4)
- Typ C: intraartikulär, bikondylär (Schatzker 5-6)

- Einteilung - Luxations-Frakturen nach Moor I-V: (dorsomedialer Spaltburch Moore I, Emminentia intercondylaris Moore II, Segond-Fraktur Knöcherner Ausriss der Kollateralbänder Moore III, Randimpressionen Moore IV, 4-Part-Fraktur Moore V)

Abb. 3-48: Schatzker Typ 6, bzw. AO Typ C3 Fraktur: Nach Fixierung des medialen Fragments, wird die laterale Seite mit einer T-Platte rekonstruiert (mit freundlicher Genehmigung von AO Publishing, Copyright © 2003, by AO Publishing, Switzerland)
Abb. 3-49: Schatzker Typ 6, bzw. AO Typ C3 Fraktur: Nach Fixierung des medialen Fragments, wird die laterale Seite mit einer T-Platte rekonstruiert (mit freundlicher Genehmigung von AO Publishing, Copyright © 2003, by AO Publishing, Switzerland)
Orthoforum

Therapie:

konservative Therapie:
- Oberschenkeltutor und Entlastung für 8 Wochen
- anschließend Teilbelastung für 4 Wochen
- regelmäßige Röntgenverlaufskontrollen, um Korrekturverlust auszuschließen
- umgehende Operation bei Korrekturverlust
- passive Mobilisation je nach Frakturstabilität ab der 2. Woche
- keine passive Mobilisation solange >10 Grad Aufklappbarkeit bei VarusValgus-Stress

operative Therapie:
- OP-Indikation:

  • Typ 1-3: Gelenkstufe ≥2mm oder >5 Grad Valgusfehlstellung
  • Typ 4: Fragmentverschiebung oder Varusfehlstellung
  • Typ 5-6: Translation nach medial, >5 Grad Abweichung nach lateral oder Gelenkstufe ≥2 mm

- perkutane Osteosynthese:

  • Typ 1,4,5: ohne Fragmentverschiebung (Computertomografie) und maximal 2-3 Fragmenten
    • Typ 1: Schraubenosteosynthese
    • Typ 4 und 5: Plattenosteosynthese oder Fixateur extern, wenn keine Reposition durch Ligamentotaxis dann Arthrotomie oder Arthroskopie und ggf. größerer Zugang

- offene Reposition und Plattenosteosynthese:

  • nur bei adäquaten Weichteilverhältnissen
  • Kontraindikation:
    • Spannungsblasen
    • ausgedehnte Schwellung oder Hämatom
  • ggf. Distraktion durch Fixateur extern zur Erleichterung der Reposition
  • bei bikondylären Frakturen mediale und laterale Plattenosteosynthese je nach Wundverhältnissen erst nach 1 Woche oder initialer Ruhigstellung im Fixateur
  • LISS Platte: neue sinnvolle Alternative

 

Abb. 3-49: Schatzker Typ 2 Fraktur: präoperatives (A,B) und postoperatives (C) Röntgenbild
Abb. 3-50: Schatzker Typ 2 Fraktur: präoperatives (A,B) und postoperatives (C) Röntgenbild
Orthoforum

 

- Fixateur extern:

  • Mehrfragmentfraktur des medialen und lateralen Tibiaplateaus (Typ 5 und 6) mit schlechten Weichteilverhältnissen
  • Kombination aus K-Draht-Fixierung, kanülierten Schrauben und Fixateur: HybridVersorgung

- Spongiosaplastik:

  • Zur Unterfütterung knöcherner Defekte
  • Alternative: Knochenersatzstoffe

- post-OP:

  • Hochlagerung auf 30- Grad-Schiene
  • nach Abschwellung beschwerdeadaptierte passive Mobilisation (CPM)
  • Arbeit an voller Streckung
  • 10kg Teilbelastung für 6 Wochen

- Weichteilverletzungen:

  • Seitenbänder: Naht, wenn im Anschluss an die Frakturversorgung eine Varus-ValgusInstabilität besteht
    • mediales Kollateralband bei Typ 1 und 2 Frakturen verletzt
  • Meniskus: partielle Meniskektomie oder Naht
  • Kreuzbandplastik:
    • Kreuzbandplastik nach Ausheilung der Fraktur
    • Verletzung des vorderen Kreuzbandes bei Typ 2 und 6 Frakturen

Kindesalter:

Fraktur der proximalen Tibiametaphyse
- starkes Trauma (Verkehrsunfälle, Sturz aus großer Höhe)
- M/2 (Biegefraktur, Grünholzfraktur) und M/3 Frakturen
- Therapie:

  • konservative Therapie:
    • Indikation: Stauchungsfraktur, undislozierte komplette Querfraktur (M/3) ohne Seitzu-Seit Verschiebung
    • Problem ist die Biegefraktur mit intaktem, lateralem Periost: Gefahr der Valgusfehlstellung; mediale Kompression im Gips, ggf. Gipskeilung essentiell
    • Komplikation: Valgusdeformität durch vermehrtes Wachstum der medialen Fuge und/oder Zügelung durch laterales Periost; Nachkontrollen bis Wachstumsabschluss
  • operative Therapie:
    • Indikation: nicht exakt reponierbare oder retinierbare Frakturen
    • Methode der Wahl: medialer Fixateur extern der mediale Kompression erlaubt
    • schmerzadaptierte primäre Vollbelastung möglich
    • Fixateurentfernung nach 4-5 Wochen
    • Komplikation: Valgusfehlstellung, Nachkontrolle bis Wachstumsabschluss

Tibiaplateaufraktur

- Ausrissfrakturen der Eminentia intercondylica

  • konservative Therapie: nicht oder gering dislozierte Frakturen werden in Hyperextension gegipst, Vollbelastung für 4 Wochen im Oberschenkeltutor
  • operative Therapie: dislozierte Fraktur, arthroskopische Refixierung mit Zugschraube, ggf. Cerclage mit resorbierbarem Nahtmaterial und Ruhigstellung im Oberschenkeltutor (bei Drahtcerclage ME nach 8 Wochen)

Prognose / Komplikationen:

- Infektion & Wundheilungsstörungen:

  • beeinträchtigte Weichteilverhältnisse
  • ggf. Operation zu späterem Zeitpunkt oder Fixateur extern / Hybrid-Fixierung

- Peroneusparese
- posttraumatische Arthrose: ältere Patienten mit deutlicher Arthrose können ggf. initial konservativ behandelt werden, um nach Konsolidierung der Fraktur eine Knieprothese zu implantieren
- in Fehlstellung verheilte Frakturen: jede Varusfehlstellung ist ungünstig
- das Alter zum Zeitpunkt der Verletzung hat entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis:

  • > 40 Jahre: 57% der Patienten vergleichbare Funktion wie gesunde Kontrollgruppe
  • ≤ 40 Jahre: 92% der Patienten vergleichbare Funktion wie gesunde Kontrollgruppe
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