Multidirektionale Schulterinstabilität
- Ursachen :
- aktive Patienten mit rezidivierenden Mikrotraumata
- angeborene Laxität
- rezidivierende traumatische Luxationen
- Glenoiddeformität oder Dysplasie
- neuromuskuläre Defizite
- häufig bei Schwimmern, Gewichthebern, Werfern und Turnern (50% der Patienten sind Sportler), Überkopfarbeit- Männer = Frauen
- 15.-30. Lebensjahr, selten bei älteren Patienten (spricht dafür, dass Symptome nicht
persistieren)
- eine multidirektionale Schulterinstabilität sollte bei jeder Luxation ausgeschlossen werden
- Definition der multidirektionalen Instabilität:
- symptomatische inferiore Instabilität und zusätzlich Instabilität in einer anderen Richtung
- Neer und Foster: symptomatische Translation in mehr als eine Richtung
Klinik / Diagnose:
- Symptome: Schmerz und Instabilität, mechanische Symptome (Catching)
- Hyperlaxität:
- verbreiterte Narben als Hinweis auf Kollagenstoffwechselstörung
- Hyperextension des Daumens, des Metacarpophalangealgelenks, des Ellenbogengelenks, des Kniegelenks, Patellainstabilität
- Bewegungsumfang: auf Apprehension bei Außenrotation und Abduktion achten
- Sulcus Zeichen:
- Hinweis auf symptomatische inferiore Schulterinstabilität: der Patient spürt vermehrte inferiore Translation
- eine inferiore Instabilität ist fast immer mit einer vorderen und / oder hinteren Instabilität vergesellschaftet und damit ein Hinweis auf eine multidirektionale Instabilität
- besteht das Sulcuszeichen auch mit dem Arm in Außenrotation spricht dies für eine Insuffizienz der glenohumeralen Bänder und des Rotatorenmanschettenintervalls
- in 90 Grad Abduktion wird die Scapula mit einem Unterarm fixiert und der proximale Humerus gegen den Widerstand weiter abduziert, um eine Subluxation zu provozieren: Vergleich zur Gegenseite
- willkürliche Luxation?
- Durchblutung, Motorik und Sensibilität, Reflexstatus
- Muskelatrophie
- Untersuchung in Narkose mit Bildverstärker: gute Darstellbarkeit einer inferioren, anterioren bzw. posterioren Instabilität durch Stress-Aufnahmen unter Bildverstärker (erfahrener Untersucher braucht keinen Bildverstärker)
- Röntgen: Zug am adduzierten Arm führt zu inferiorer Subluxation
- CT Arthrografie und MRT: Nachweis Labrumdefekt, Hill Sachs Delle, etc.
Therapie:
konservative Therapie:
- konservative Behandlung ist Methode der Wahl, nur bei persistierenden Schmerzen und
Luxation trotz 6-12 Monaten konservativer Therapie Operationsindikation (ca. 20% der
Patienten)
- Kräftigung der dynamischen Stabilisatoren (siehe Trainingsprogramm hintere Schulterinstabilität)
operative Therapie:
- inferiorer Kapselshift nach Neer:
- Inzision der Kapsel weit nach inferior (bis nach dorsal: Gefahr für N. axillaris)
- Modifikation im Sinne eines T-Shifts mit medialer Basis nach Warren und Altcheck
- arthroskopische Verfahren: da häufig multiple pathologische Veränderungen vorliegen sollte eine individuelle Therapie erfolgen
- inferior, posterior and anteriore Kapselraffung
- immer Verschluss des Rotatorenmanschettenintervalls
- ca. 20 Veröffentlichungen in den letzten 5 Jahren zu Laser- oder Thermoshrinkage bei multidirektionaler Instabilität; dieses Verfahren wird nicht mehr empfohlen, da:
- Chondrolysen beschrieben
- im Tierexperiment eher negative Auswirkungen auf Kapselstabilität (Hitze führt zur Denaturierung der Kollagenfasern)
- post-OP:
- 6 Wochen: Ruhigstellung, anschließend schrittweise zunehmender Bewegungsumfang und Muskelaufbau
- nach 6-8 Wochen: freier aktiver Bewegungsumfang
- nach 4 Monaten: Wurfübungen
- nach 5-7 Monaten: Rückkehr zum Kontaktsport
Prognose / Komplikationen:
- Ergebnisse:
- inferiorer Kapselshift:
- 90% gute und exzellente Ergebnisse
- 10% rezidivierende Instabilität oder Schmerzen
- 50% der Leistungssportler auf präoperativem Sportniveau
- da nicht alle Studien mit derart guten Ergebnissen: strenge Indikationsstellung
- arthroskopische Techniken:
- erste 2-5 Jahresergebnisse: bis zu 94% gute und exzellente Ergebnisse
- Langzeitstudien abwarten
- Patienten mit willkürlicher Instabilität haben eine hohe Versagerrate und sind selten
Kandiaten für eine OP - "skillful neglect": Patienten mit chronischer Instabilität sollte immer auch die nichtoperative Therapie erwogen werden