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Notizbuch

Weichteilsarkom

- bösartige Tumore auf der Basis verschiedener Weichgewebe: Fett-, Muskel-, Fasergewebe, Synovialis, Gefäße
- ca. 1500 Neuerkrankungen in Deutschland/Jahr

  • Malignes Fibröses Histiozytom (MFH) am häufigsten (heute NOS "not otherwise specified" genannt)

- Alter: 10. – 80. Lebensjahr, 50% nach 60. Lebensjahr

  • Synovialsarkom: 20. – 40. Lebensjahr
  • Rhabdomyosarkom: 0. – 15. Lebensjahr

- Männer = Frauen
- Lokalisation:

  • Oberschenkel, Arm, Rumpf
  • Synovialsarkom: periartikuläre Weichteile, sehr selten intraartikulär

- Einteilung: nach histologischem Erscheinungsbild

  • Bindegewebe: Fibrosarkom, NOS
  • Fettgewebe: Liposarkom
  • Muskelgewebe: Rhabdomyosarkom
  • glatte Muskulatur: Leiomyosarkom
  • Gefäße: Angiosarkom
  • Gelenkschleimhaut: Synovialsarkom
  • Nervengewebe: Neurofibrosarkom

- Grading: 4-stufiges Grading-System( nach Coindré)

  • auf der Basis: Differenzierungsgrad, Zellularität, Grad der Atypie, Mitoserate
  • G 1: gut differenziert, wenig Pleomorphien, geringe Mitoserate, wenig Nekrosen
  • G 2: mäßig differenziert, vermehrte Zellularität, mehr Pleomorphien, erhöhte Mitoserate, moderate Nekrosen
  • G 3: geringe oder fehlende Differenzierung des Ausgangsgewebes (G3 Liposarkom sieht kaum noch aus wie Fettgewebe), starke Zellularität, deutliche Pleomorphien, erhöhte Mitoserate
  • G 4: entdifferenziert

- Verlauf:

  • entstehen in den tiefen Weichteilen (in der Regel unter der Faszie)
  • wachsen rasch (in Abhängigkeit vom Grading) und schieben das umgebende Gewebe zusammen, so bildet sich eine bindegewebige Kapsel
  • außerhalb der Kapsel befindet sich reaktives Gewebe, die Pseudokapsel
  • da die Gefäße, die durch die Pseudokapsel ziehen, nicht die Versorgung des sich schnell vergrößernden Tumors gewährleisten können, kommt es zu Nekrosen
  • Tumorgewebe wächst infiltrierend in das umliegende Gewebe, wird teilweise vom Haupttumor getrennt und bildet Satelliten
  • auch im nichtreaktiven, normalen Gewebe finden sich teilweise echte metastatische Absiedlungen, so genannte Skip Metastasen
  • Lymphknotenmetastasen aufgrund Verschleppung von Tumorgewebe entlang der Lymphbahnen (v.a. beim Synovialsarkom)
  • Fernmetastasen in der Lunge

 

Abb. 8-58: Einzelne Metastase im rechten Unterlappen (A), multiple kleine Lungenmetastasen (B) und ausgedehnte Metastase mit sekundärem Pleuraerguss (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-58: Einzelne Metastase im rechten Unterlappen (A), multiple kleine Lungenmetastasen (B) und ausgedehnte Metastase mit sekundärem Pleuraerguss (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

Klinik / Diagnose

 

  gutartiger Weichteiltumor Weichteilsarkom
Größe < 5 cm > 5cm
Lage oberflächlich, über Faszie subfaszial
Gewebe weich, gut verschiebbar derb, fixiert, druckschmerzhaft
Wachstumsgeschwindigkeit intermittierend, langsam stetig
Symptome schmerzfrei, leichte Beschwerden persistierende Schmerzen

 

- klinische Zeichen sind unspezifisch, eine Festlegung auf der Grundlage der Klinik allein ist zu riskant
- Röntgen:

  • geringe Aussagekraft
  • ein Prozess, der vom Knochen ausgeht, zeigt eine geringere Weichteilkomponente, in der Regel Codman-Dreiecke und einen unregelmäßigen, mottenfrasartigen Knochenbefall
  • ein Prozess, der von den Weichteilen ausgeht, zeigt eine ausgedehntere Weichteilkomponente, keine Codman-Dreiecke und eine spindelförmige Arrosion der Kortikalis

 

Abb. 8-59: Ausgedehntes Weichteilsarkom in der Adduktorenloge: MRT-Bildgebung (A,B) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-59: Ausgedehntes Weichteilsarkom in der Adduktorenloge: MRT-Bildgebung (A,B) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Knochenszintigrafie:

  • kann wichtige Informationen für Operation geben
  • bei unauffälligem Röntgenbild und Schnittbildgebung, aber vermehrter Anreicherung im angrenzenden Knochen, ist das Periost in der Regel bereits Teil der Pseudokapsel
  • in diesen Fällen führt eine subperiostale Entfernung des Tumors wahrscheinlich zu einer marginalen, wenn nicht sogar intraläsionalen Resektion (MRT heute bevorzugt, um Operation zu planen)

- Computertomografie:

  • nicht in der Lage, den Gewebstyp zu identifizieren und zwischen gutartiger und bösartiger Läsion zu unterscheiden

- MRT: (Methode der Wahl)

  • typisch ist eine geringe Intensität in der T1 gewichteten Sequenz und eine hohe Intensität in der T 2 gewichteten Sequenz
  • Tumore mit einem hohen Fettanteil zeigen stärker hyperintense Bilder in der T 1 Sequenz (Leiomyosarkom)
  • Kontrastmittelaufnahme vor allem beim Leiomyosarkom und Synovialsarkom

- Histologie:

  • Weichteilsarkome sind positiv für Vimentin und S 100
  • histologisches Bild entsprechend dem zugrundeliegenden Gewebe

- Staging-Untersuchungen: CT-Thorax, CT-Abdomen, 3-Phasen-Knochenszintigrafie

Therapie:

- Inzisionsbiopsie:

  • bei oberflächlicher Lage: perkutane Stanzbiopsie, ggf. ultraschallgesteuert
  • Resektionsbiopsie kann bei kleinen Tumoren < 5cm erwogen werden, wenn eine weite Resektion ohne erhöhte Morbidität möglich ist und von einem gutartigen Tumor
    ausgegangen wird

- weite Resektion: en-bloc im gesunden Gewebe außerhalb der Pseudokapsel (wenn der Tumor eröffnet wird, ist das Lokalrezidiv vorprogrammiert!)- für G3 Sarkome bei Patienten < 65 Jahre Chemotherapie

  • im Rahmen kontrollierter Studienprotokolle
  • verringert wahrscheinlich Fernmetastasierungsrate
  • Ifosfamid und Doxorubicin

 

Abb. 8-60: Flap für die postoperative Brachytherapie. In die Katheder werden die Sonden für die Bestrahlung nahe am Tumorbett eingeschoben
Abb. 8-60: Flap für die postoperative Brachytherapie. In die Katheder werden die Sonden für die Bestrahlung nahe am Tumorbett eingeschoben
Orthoforum

- im Einzelfall präoperative Bestrahlung bei G 3 Sarkom:

  • wenn anhand der Bilder eine weite Resektion nicht möglich ist, da der Tumor zu Nahe am Gefäß-Nerven-Bündel liegt und nur durch eine Amputation adäquate Resektionsgrenzen gewahrt bleiben
  • es besteht die Gefahr, dass:
    • der Tumor weiter wächst
    • das postoperative Infektionsrisiko erhöht ist
    • Vernarbungen nach Bestrahlung die Operation erschweren

- postoperative Bestrahlung: senkt Lokalrezidivrate bei G 3 Sarkomen, verbessert aber die Überlebensrate nicht
- Wert der Strahlentherapie sehr umstritten

Prognose / Komplikationen:

- Langzeitüberlebensrate abhängig vom Grading:

  • G 1: >80%
  • G 2: ca. 60%
  • G 3: ca. 40%
  • G3 mit Metastasen: 10%

- Lokalrezidivrate abhängig vom Grading und Resektionsrand, bei G 3 Sarkomen:

  • radikal: < 10%
  • weit: 20%
  • marginal: 40%
  • intraläsional: 100%

- Fernmetastasierung: häufiger bei G 3 Sarkomen

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