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Notizbuch

Knochenmetastasen

- sekundäre Tumorabsiedlungen, die durch hämatogene Aussaat entstehen
- Alter: >50. Lebensjahr (Mamma-Ca früher)
- Männer = Frauen (Männer: Prostata-Ca und Lungen-Ca, Frauen: Mamma-Ca)
- häufigste Ursache einer Knochendestruktion beim Erwachsenen
- Lokalisation: Wirbelsäule, Rippe, Becken, proximale Extremität (Knochen mit hämatopoetischem Mark)
- Einteilung:

  • osteolytisch: Niere, Mamma, Schilddrüse, Lunge, Magen, Colon
  • osteoblastisch: Prostata, Mamma, Uterus

 

Abb. 8-78: Schambeinmetastase: osteolytisch (A), osteoblastisch (B) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-78: Schambeinmetastase: osteolytisch (A), osteoblastisch (B) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Verlauf:

  • Primärtumor: durch infiltrierendes Wachstum kommt es zur Arrosion von Gefäßen und der Verschleppung von Tumorgewebe mit dem Blut- oder Lymphstrom
  • obwohl große Teile der Tumorzellen durch die köpereigene Abwehr vernichtet werden, überlebt ein kleiner Teil immuner Tumorzellen
  • die Absiedlung im Gewebe (Knochen, Lunge) erfolgt aufgrund mechanischer Faktoren (Embolisation) und aufgrund einer spezifischen Vorliebe für bestimmte Gewebe durch die Tumorzelle selbst
  • durch Produktion von Kollagenasen gelingt es den Tumorzellen, durch die Gefäßwand in das Gewebe zu gelangen
  • Mikrometastasen induzieren durch angiogenetische Faktoren das Einsprossen von Blutkapillaren und ermöglichen so das Wachstum der Metastase

Klinik / Diagnose:

- oft asymptomatisch
- belastungsabhängiger Knochenschmerz: Hinweis auf eingeschränkte Belastbarkeit des Knochens
- neurologische Symptome bei Kompression von Rückenmark und Nervenwurzeln

 

Abb. 8-79: Wirbelsäulenmetastase: Verlust des „Pedikelauges“ in der AP Aufnahme durch Infiltration des Pedikels (A), seitliche Röntgen- (B) und MRT-Aufnahme (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-79: Wirbelsäulenmetastase: Verlust des „Pedikelauges“ in der AP Aufnahme durch Infiltration des Pedikels (A), seitliche Röntgen- (B) und MRT-Aufnahme (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

Abb. 8-80: Multiple osteoblastische Metastasen bei einem Patienten mit einem Mamma-Ca: native Röntgen- (A-C) und MRT-Bildgebung (D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-80: Multiple osteoblastische Metastasen bei einem Patienten mit einem Mamma-Ca: native Röntgen- (A-C) und MRT-Bildgebung (D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Labor:

  • Hyperkalzämie: Mamma-Ca, Lungen-Ca, Nieren-Ca, Plasmozytom (Therapie: Hydratation, Lasix, Bisphosphonate)
  • Neutropenie (Achtung <2000/mm3)
  • Thrombozytopenie (Achtung < 50000/mm3)

- Beurteilung des Frakturrisikos: nach Mirels

  • mehr als 9 Punkte hohe Frakturgefahr

 

  1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte
Lokalisation obere Extremität untere Extremität peritrochantär
Schmerz gering moderat belastungsabhängig
Typ osteoblastisch gemischt osteolytisch
Ausdehnung < 1/3 des Knochen 1/3 - 2/3 > 2/3

 

- Röntgen:

  • anfangs kaum sichtbare Osteolyse
  • osteolytisch (Lungen-Ca), osteoblastisch (Prostata-Ca), gemischt (Mamma-Ca)
  • oft fehlende Randsklerose, kaum Periostreaktion
  • reaktive Knochenneubildung kann osteoblastische Läsion vortäuschen
  • immer ganzen Knochen abbilden (vor allem prä-op!)

 

Abb. 8-81: Differentialdiagnose: 63-jährige Patientin mit einem primären Knochensarkom: natives Röntgenbild (A), MRT-Bildgebung (B,C), nach P1 Beckenteilresektion und Rekonstruktion mit Pedikelschrauben und Stab (D) (Eigentum des Instituts für Klinische R
Abb. 8-81: Differentialdiagnose: 63-jährige Patientin mit einem primären Knochensarkom: natives Röntgenbild (A), MRT-Bildgebung (B,C), nach P1 Beckenteilresektion und Rekonstruktion mit Pedikelschrauben und Stab (D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Knochenszintigrafie:

  • deutliche Mehranreicherung
  • bestes Verfahren, um nach weiteren Skelettmetastasen zu suchen

- Computertomografie:

  • Beurteilung der Ausdehnung der Osteolyse und möglicher Frakturgefahr

- MRT:

  • T 1: intermediäre Signalintensität
  • T 2: hyperintenses Signal aufgrund Gefäßreichtum

- Histologie: je nach Ausgangsgewebe

Therapie:

- Schmerztherapie
- Bisphosphonate
- Bestrahlung:

  • strahlensensibel: Plasmozytom, Mamma-Ca
  • strahlenresistent: Nieren-Ca, Melanom, gastrointestinale Tumore
  • anfangs schwächt die Bestrahlung den Knochen zusätzlich: Ent- oder Teilbelastung während der Bestrahlung und 3 Monate danach, um pathologische Fraktur zu vermeiden
  • in der Regel lokale Kontrolle für bis zu 12 Monate, selten länger

- offene Biopsie oder Stanzbiopsie (Ultraschall oder CT-gesteuert):

  • offene Biopsie liefert mehr Material (Spezialfärbungen, um Primärtumor zu identifizieren)
  • Vorteil Stanzbiopsie: frühzeitige Möglichkeit zur Folgeoperation, da Wundheilung nicht abgewartet werden muß
  • wenn Eröffnung der Kortikalis, dann evtl. Defektauffüllung mit Zement

 

Abb. 8-82: Osteolytische Metastase im Bereich der Femurdiaphyse (A,B), nach Verbundosteosynthese (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-82: Osteolytische Metastase im Bereich der Femurdiaphyse (A,B), nach Verbundosteosynthese (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Solitäte Knochenmetastasen werden wie ein Primärtumor behandelt, d.h. mit weiter Resektion (bessere Überlebensrate). Bei Patientin mit Knochenmetastase bei Mama-CA besteht ein kurativer Anspruch.
- Fraktur oder Frakturgefahr:

  • präoperative Embolisation zur Senkung des Blutverlustes bei Nieren-Ca-Metastasen
  • Marknagelosteosynthese:
    • Methode der Wahl an der unteren Extremität
    • distale Verriegelung, ggf. Augmentation mit Zement
  • Endoprothese:
    • gelenknahe Metastase (Schenkelhals)
    • zementiert
  • Verbundosteosynthese:
    • proximale Tibia, obere Extremität
    • Kürettage der Metastase und Defektauffüllung mit Zement, dann Osteosynthese
    • niemals eine Osteosynthese, wenn unklar ist, was für ein Prozess vorliegt (primäre Knochensarkome gibt es auch im Alter!)

 

Abb. 8-83: 67-jährige Patientin mit einer Metastase des Acetabulums: natives Röntgenbild (A), Knochenszintigrafie (B), nach Kürettage der Metastase und Defektrekonstruktion mit einem BurchSchneider-Ring und einer Hüftprothese (C) (Eigentum des Instituts f
Abb. 8-83: 67-jährige Patientin mit einer Metastase des Acetabulums: natives Röntgenbild (A), Knochenszintigrafie (B), nach Kürettage der Metastase und Defektrekonstruktion mit einem BurchSchneider-Ring und einer Hüftprothese (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- in Abhängigkeit vom Primärtumor: adjuvante Hormontherapie oder Chemotherapie
- Chemotherapie:

  • sensibel: kleinzelliges Lungen-Ca, Non-Hodgkin-Lymphom, Plasmozytom, Mamma-Ca, Ovarial-Ca
  • relativ resistent: Nieren-Ca, Prostata-Ca, Schilddrüsen-Ca

Prognose / Komplikationen:

- die meisten Knochenmetastasen führen 12-24 Monate nach dem ersten Auftreten zum Tod
(Mamma- und Nieren-Ca oft längere Verläufe)

- Bei Metastasen Behandlung nach Einteilung durch Tokuhashi Revised Score.
  • Score von: 0-8: 6 Monate Überlebensrate
  • Score von 9-11: 6-12 Monate Überlebensrate
  • Score von 12-15: mehr als 1 Jahr Überlebensrate
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