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Notizbuch

Osteoporose

- mit Frakturen einhergehende Minderung der Knochensubstanz
- eine der 10 wichtigsten und teuersten Volkskrankheiten
- hohe Dunkelziffer: in Deutschland

  • geschätzte 7 Millionen Osteoporose Patienten
  • 1.5 Millionen tatsächlich diagnostiziert

- Ätiologie:

  • primär (95%):
    • postmenopausal (Typ 1)
    • Altersosteoporose (Typ 2)
  • sekundär (5%):
    • Immobilisation
    • Steroidtherapie
    • Hyperkortisolismus
    • Hypogonadismus
    • Hyperthyreose
    • andere Grunderkrankung: rheumatoide Arthritis

- Risikofaktoren:

  • Alter: zunehmender Verlust der Knochenmasse
  • Frauen
  • positive Familienanamnese
  • frühe Menopause
  • helle Haut und Haare
  • Untergewicht
  • Inaktivität
  • Rauchen
  • Alkoholismus
  • Unterernährung
  • Koffein
  • Kortisoneinnahme
  • Bewegungsmangel

- Verlauf:

  • maximale Knochendichte mit 25-30 Jahren
  • Typ 1: postmenopausal
    • nach der Menopause Verlust der Knochensubstanz: 2,5%/Jahr über einen Zeitraum von 10 Jahren
    • vor allem spongiöser Knochen betroffen
    • typisch: Wirbelkörper- und Radiusfraktur, intertrochantäre Fraktur
  • Typ 2: Altersosteoporose
    • Verlust der Knochensubstanz mit 0,3%/Jahr bei Männern und 0,5%/Jahr bei Frauen ab ca. 30.-35. Lebensjahr
    • spongiöser und kortikaler Knochen gleichermaßen betroffen
    • typisch: Schenkelhalsfrakturen

Einteilung:

- Osteopenie: Knochendichte -1 bis -2.5 Standardabweichung (orientiert sich am Mittelwert gesunder Menschen im Alter von 30 Jahren)
- Osteoporose: Knochendichte jenseits der -2.5-fachen Standardabweichung
- Osteoporose mit Fraktur

Klinik / Diagnose:

- Knochenschmerz, vor allem Rückenschmerz
- Spontanfrakturen oder Frakturen nach geringem Trauma
- Rundrücken
- Verlust an Körpergröße

 

Abb. 9-1: Fischwirbel LWK4 bei einer 73 jährigen Patientin mit Osteoporose
Abb. 9-1: Fischwirbel LWK4 bei einer 73 jährigen Patientin mit Osteoporose
Orthoforum

- Urin: Knochenabbauprodukte

  • Hydroxyprolin erhöht: Kollagenabbauprodukt
  • Desoxypyrodinolin erhöht: spezifisches Abbauprodukt des Knochens
  • Kalzium: niedrige Kalziumausscheidung ist Hinweis auf zu geringe Nahrungsaufnahme, eingeschränkte Absorption oder Vitamin D Mangel
  • Phosphat: erhöht bei Hyperparathyreodismus

- Blutwerte:

  • Hyperkalzämie: Hyperparathyreoidismus
  • Hypokalzämie und Hypophosphatämie: Vitamin D Mangel

- Röntgen:

  • Keilwirbel
  • Fischwirbel
  • eine Verminderung der Knochenmasse um weniger als 30% ist im Röntgenbild oft nicht erkennbar

 

Abb. 9-2: Keilwirbel in Höhe LWK 1 (A-C)
Abb. 9-2: Keilwirbel in Höhe LWK 1 (A-C)
Orthoforum

 

- DEXA: Dual Energy X-Ray Absorptiometrie

  • Messung der Flächendichte des Knochenmineralsalzgehalts (g/ cm2)
  • T-Score: Vergleich der gemessenen Werte mit denen eines jungen Erwachsenen (maximale Knochendichte)
    • wichtigster Messwert für die Diagnose Osteoporose
    • < -1 Standardabweichung: Normalbefund
    • -1 bis -2,5 Standardabweichungen: Osteopenie
    • > -2,5 Standardabweichungen: Osteoporose
  • Z-Score: Vergleich der gemessenen Dichtewerte mit einer altersentsprechenden Normalpopulation
    • hilft zu beurteilen, ob im Vergleich zu einer Vergleichspopulation weitere Faktoren zu einem unverhältnismäßigen Verlust der Knochendichte beitragen
    • < -1.5 Standardabweichungen ist Hinweis, dass neben dem Alter andere Faktoren die Knochendichte beeinflussen (Schilddrüsenerkrankung, Unterernährung, Medikamenteneinnahme, Rauchen etc.)

- Q-CT: quantitative Computertomografie

  • Messung der Knochenvolumenmineraldichte (g/m3 ) durch Vergleich zu
    Referenzphantomkörpern
  • kortikaler und spongiöser Knochen können separat beurteilt werden ( nur mit diesem Verfahren)
  • höhere Strahlendosis als DEXA

 

Abb. 9-3: Q-CT: Scanogramm (A), Bestimmung der kortikalen und spongiösen Knochendichte (B), Knochendichte und Umrechnung in T- und Z-Score (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 9-3: Q-CT: Scanogramm (A), Bestimmung der kortikalen und spongiösen Knochendichte (B), Knochendichte und Umrechnung in T- und Z-Score (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Ultraschall: Calcaneus, Phalanx

  • Beurteilung des Frakturrisikos
  • keine Beurteilung eines Therapieeffekts

Therapie:

- Therapieindikation:

  • bei Hinweis auf eine osteoporotische Fraktur
  • T-Score < -2.0
  • T-Score < -1.5 und mindestens ein Risikofaktor

- Basistherapie: erhält jeder Patient, es sei denn, es liegen Kontraindikationen vor

  • Kalzium: 1000 mg/Tag p.o.
    • senkt die Frakturrate im Risikokollektiv
    • wenn nach der Einnahme Beschwerden, dann Wechsel zwischen Kalziumlaktat, Kalziumglukonat, Kalziumkarbonat
    • Resorption mit Nahrungsaufnahme erhöht
  • Vitamin D3: 1000 IE / Tag p.o.
    • neben Knochenstoffwechsel auch positive Beeinflussung der Muskulatur
  • Bewegung und Muskeltraining

- antiresorptive Medikamente:

  • Bisphosphonate:
    • Alendronat (Fosamax®): 10 mg p.o./Tag oder 70 mg p.o./Woche
    • Risedronat (Actonel®): 5 mg p.o./Tag oder 35 mg p.o./Woche
    • Vor und nach der Einnahme keine Nahrungsaufnahme, da sonst geringere Resorption
    • Hemmung der Osteoklasten
    • Verbesserung der Knochenstruktur
    • senkt Frakturrisiko
    • indiziert bei postmenopausaler Osteoporose, Altersosteoporose (Mann und Frau) und steroidinduzierter Osteoporose
  • Raloxifen (Evista®): SERM = selektiver Estrogen Rezeptor Modulator
    • 60 mg/Tag p.o.
    • keine Wirkung auf Brust und Uterus
    • senkt Frakturrisiko
    • Nebenwirkungen: tiefe Venenthrombose, Hitzewallungen, Wadenkrämpfe
    • Indikation: postmenopausale Frauen
    • Abklärung der Indikation durch Gynäkologen
  • Testosteron:
    • Mann: nachgewiesener Testosteronmangel

- osteoanabole Medikamente:

  • Parathormon: s.c.
    • stimuliert die Osteoblasten
    • senkt Frakturrate
    • verbessert Knochenarchitektur
    • bei schweren Osteoporosen indiziert
  • Fluoride: p.o.
    • osteoanaboles Medikament
    • unklar ob nur Vermehrung der Knochenmasse oder auch Verbesserung der Knochenqualität
    • kein Routinemedikament

- Kombinationstherapie:

  • Basismedikamente
  • Basismedikament und antiresorptives Medikament
    • Bisphosphonat und Raloxifen/Östrogen additiver Effekt
  • Basismedikament und antiresorptives Medikament und osteoanaboles Medikament (Fluorid oder Parathormon)
    • wahrscheinlich stärkster Knochenmineralzuwachs

- Therapiedauer:

  • Basistherapie: lebenslang
  • Kombinationstherapie:
    • ca. 3 Jahre
    • erneut beginnen, sobald der T-Score wieder abfällt

 

Abb. 9-4: Patient mit einem Keilwirbel LWK 2 und starken Schmerzen (A-B), nach Durchführung einer Kyphoplastik (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 9-4: Patient mit einem Keilwirbel LWK 2 und starken Schmerzen (A-B), nach Durchführung einer Kyphoplastik (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum
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