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Notizbuch

Umstellungsosteotomie

Valgisierende Umstellungsosteotomie:

- Indikation:

  • Varusgonarthrose im Alter < 50.-55. Lebensjahr
  • schwere körperliche Tätigkeit oder intensive Sportbelastung
  • keine oder milde Retropatellararthrose und -symptomatik

- Kontraindikation:

  • >60. Lebensjahr (mit Knieprothese bessere Langzeitergebnisse)
  • rheumatoide Arthritis
  • Belastungsaufnahme Verschmälerung des lateralen Gelenkspaltes
  • mediale Subluxation
  • medialer Knochensubstanzverlust >2mm
  • Beugung < 90 Grad
  • Beugekontraktur >15 Grad
  • >20 Grad Korrektur notwendig: Varusdeformität < 10 Grad zeigt die besten Ergebnisse, >10 Grad fast immer mediales und laterales Gelenkkompartiment betroffen
  • fortgeschrittene Retropatellararthrose mit deutlichen Beschwerden
  • Übergewicht ist ungünstig für TEP und Umstellung (Abwägung)

- Röntgen: AP, lateral, Rosenberg, zusätzlich Achsenstandaufnahme:

  • Knie gestreckt, die Patella zeigt nach vorn
  • Sakralwirbelkörper entspricht dem Körperschwerpunkt
  • mechanische Beinachse oder Mikulicz-Linie (zwischen Hüftkopfzentrum und Zentrum des Sprunggelenks) verläuft bei einer Varusgonarthrose medial des Gelenkzentrums
  • proximaler medialer Tibiawinkel: normal 87 Grad
  • Gelenklinienwinkel (Winkel zwischen Linie an Femurkondylen und Tibiaplateau): nach lateral offen

- MRT: ggf. zum Ausschluss degenerativer Veränderungen des lateralen Kompartiments

- Arthroskopie: vor der Umstellung

  • keine Korrelation zwischen Befund der Arthroskopie und Ergebnis der Umstellung
  • in den meisten Fällen nicht indiziert
  • ggf. Kombination mit Microfracture Behandlung
  • ggf. Kombination mit Teilmeniskektomie bei degenerativen Meniskusveränderungen (Symptome)

 

Abb. 1-33: Analyse der Deformität: normale mechanische Beinachse (A), Varusfehlstellung (B), lateraler distaler Femurwinkel (C), proximaler medialer Tibiawinkel (D) und Gelenklinienwinkel (E)
Abb. 1-33: Analyse der Deformität: normale mechanische Beinachse (A), Varusfehlstellung (B), lateraler distaler Femurwinkel (C), proximaler medialer Tibiawinkel (D) und Gelenklinienwinkel (E)
Orthoforum

 

Technik:


- 1 Grad Korrektur entspricht 1mm Basis des lateral entnommenen Keils

  • gilt für eine Tibia mit einer Breite von 56mm in Höhe der Osteotomie
  • tatsächlich haben Männer eine durchschnittliche Tibiabreite von 80 und Frauen von
    70mm: Gefahr der Unterkorrektur
  • Keilbasis posterior größer als anterior, da die Tibia eine dreieckige Querschnittsfläche
    hat
  • Ziel: nach Fujisawa soll die mechanische Achse etwa bei 63% die Gelenkfläche schneiden
    (Tibiabreite 100%), also im Bereich des abfallenden Anteils der lateralen Eminenz

 

Abb. 1-34: Varusgonarthrose vor und nach zuklappender valgisierender Umstellungsosteotomie (A-C)
Abb. 1-34: Varusgonarthrose vor und nach zuklappender valgisierender Umstellungsosteotomie (A-C)
Orthoforum

 

- Closing Wedge: zuklappende Osteotomie

  • lateraler Zugang
  • Korrektur geringer im Vergleich zu einer Osteotomie in Höhe des Gelenkspaltes (+2
    Grad bei der Planung berücksichtigen)
  • Fibulaosteotomie oder Release der Gelenkkapsel des Wadenbeinköpfchens
  • eine closing Wedge Osteotomie verringert den sagitalen Abfall (Slope) der tibialen
    Gelenkfläche um durchschnittlich 5 Grad (posterior proximal Tibiawinkel wird vergrößert):
    • beeinflußt AP Stabilität: eine Verringerung des Slopes stabilisiert ein Knie ohne
      vorderes Kreuzband
    • Verschiebung des Kontaktpunkts zwischen Tibia und Femur nach posterior
  • Vorteile:
    • Direkter Knochenkontakt, keine Spongiosaplastik
  • Nachteile:
    • Erhöhtes Risiko eines Kompartmentsyndroms
    • Risiko einer Verletzung des Nervus peroneus
    • Fibulaosteotomie nötig
  • post-OP: 15kg Teilbelastung für 6 Wochen

- Opening Wedge: aufklappende Osteotomie

  • anteromedialer Zugang (Vorderrand des medialen Kollateralbandes)
  • Erhalt der lateralen Tibiakortikalis
  • keine Fibulaosteotomie notwendig
  • Spongiosaplastik mit autologem Knochen, Allograft-Knochen oder Knochenersatzstoff
  • spezielle Implantate: Puddu Platte, Tomofix-Platte
  • Osteotomie verläuft von 3-4cm distal des medialen Gelenkspaltes bis zum oberen Rand
    des Gelenks zwischen Fibula und Tibia
  • Alternative: Kallusdistraktion
  • eine opening Wedge Osteotomie erhöht den sagitalen Abfall (Slope) der tibialen
    Gelenkfläche um 3-4 Grad (posterior proximal Tibiawinkel wird kleiner)
    • beeinflußt AP Stabilität: eine Vergrößerung des Slopes stabilisiert ein Knie ohne
      hinteres Kreuzband
    • Verschiebung des Kontaktpunkts zwischen Tibia und Femur nach anterior
  • post-OP: 10-15kg Teilbelastung für 6-12 Wochen, abhängig von der Stabilität der
    Osteosynthese und dem Fortschreiten der knöchernen Konsolidierung

 

Abb. 1-35: Aufklappende Osteotomie: die Osteotomie verläuft ansteigend in Richtung auf die Spitze des Wadenbeinköpfchens (A), dabei verbleibt die Tuberositas tibiae am proximalen Fragment (B)
Abb. 1-35: Aufklappende Osteotomie: die Osteotomie verläuft ansteigend in Richtung auf die Spitze des Wadenbeinköpfchens (A), dabei verbleibt die Tuberositas tibiae am proximalen Fragment (B)
Orthoforum

 

  • Vorteile:
    • keine Fibulaosteotomie notwendig
    • gleichzeitige Kreuzbandplastik möglich (gleicher Zugang für Tibiatunnel), in der
      Regel jedoch zweizeitig
  • Nachteile:
    • längere Knochenheilung
    • Spongiosaplastik oder Knochenersatzstoffe in der Regel notwendig, um Defekt zu
      füllen
    • Patella baja durch Distalisierung der Tuberositas tibiae: vermeidbar, wenn die
      Tuberositas am proximalen Fragment verbleibt

 

Abb. 1-36: Aufklappende Osteotomie mit einer winkelstabilen Platte (Tomofix-Platte) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 1-36: Aufklappende Osteotomie mit einer winkelstabilen Platte (Tomofix-Platte) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

Ergebnisse:


- im Durchschnitt gute Ergebnisse:

  • nach 10 Jahren bei 60-80% der Patienten
  • nach 15 Jahren bei 57-70% der Patienten

- Schmerzkontrolle schlechter als nach Implantation einer Knieprothese
- Osteotomie zeigt bei präoperativer Gelenkspaltverschmälerung<50% die besten
Ergebnisse


Komplikationen:

- Stellung der Patella:

  • zuklappende Osteotomie:
    • theoretisch sollte eine Patella alta entstehen
    • tatsächlich in ¾ der Fälle eine Patella baja (nach Gipsruhigstellung): Ursache sind
      postoperative Vernarbungen der Sehne
    • nur ¼ der Patienten entwickeln eine Patella baja, wenn im Anschluss an die Operation
      eine intensive Physiotherapie erfolgt
  • aufklappende Osteotomie:
    • entsteht eine Patella baja
    • insbesondere für eine spätere Knieprothesenimplantation ungünstig
    • wird die Osteotomie so modifiziert, dass die Tuberositas am proximalen Fragment
      verbleibt, dann entsteht keine Patella baja

 

Abb. 1-37: Zum Zeitpunkt der Hemikallotasis (B) besteht bereits eine ausgeprägte Arthrose mit einem Knochensubstanzverlust von >2mm (A), nach Entfernung des Fixateur (C) und 3 Jahre später (D): fortschreiten der Arthrose im medialen Kompartiment (Eigentum
Abb. 1-37: Zum Zeitpunkt der Hemikallotasis (B) besteht bereits eine ausgeprägte Arthrose mit einem Knochensubstanzverlust von >2mm (A), nach Entfernung des Fixateur (C) und 3 Jahre später (D): fortschreiten der Arthrose im medialen Kompartiment (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

Abb. 1-38: Implantation einer Knieprothese (C,D) nach fehlgeschlagener Umstellungsosteotomie (A,B) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 1-38: Implantation einer Knieprothese (C,D) nach fehlgeschlagener Umstellungsosteotomie (A,B) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Pseudarthrose: 1-5% (aufklappende Osteotomie, höhere Pseudarthroserate)

- tiefe Infektion: ca. 5%; Antibiotikaprophylaxe sinnvoll

- Peroneusparese: motorisch 3%, sensible 4%

- Kompartmentsyndrom: Druck im Kompartment höher als diastolischer Blutdruck minus 30mm Hg

- Gefäßverletzung

- tiefe Venenthrombose (10-35%)

Umwandlung in eine Knieprothese:

- Zugangsnarbe möglichst medial

- Patella baja erschwert Knieprothesenimplantation

- Translation der Tibia oder Verstärkung der Tibiaplateauneigung erschweren Ausrichtung der Tibiakomponente

- Verlust an Knochensubstanz nach zuklappender Osteotomie

- Metallentfernung notwendig

- Überkorrektur durch die Osteotomie kann zu Insuffizienz des medialen Seitenbandes führen

- nur nach einer perfekten Osteotomie zeigt die Implantation einer Knieprothese die gleichen Ergebnissen wie bei Patienten ohne eine Osteotomie

- auch nach einer perfekten Osteotomie brauchen 15-25% der Patienten eine Knieprothese innerhalb von 10 Jahren

Varisierende Umstellungsosteotomie:

- Valgusarthrose entwickelt sich später (vor dem 60. Lebensjahr sehr selten)
- ab dem 60. Lebensjahr wird eine TEP bevorzugt, deswegen sind varisierende Umstellungsosteotomien
selten

- Optionen:

Abb. 1-39: Varisierende zuklappende Femurosteotomie mit einer Tomofix-Platte
Abb. 1-39: Varisierende zuklappende Femurosteotomie mit einer Tomofix-Platte
Orthoforum
  • medial zuklappende Osteotomie
    des distalen Femurs
  • lateral aufklappende Osteotomie
    des distalen Femurs

- höhere Komplikationsrate: 40%
- ¾ der Patienten sind initial mit dem
  Ergebnis zufrieden
- Versagerrate nach 10 Jahren: 30-40%

- Indikation:

  • < 50. Lebensjahr
  • keine Beteiligung des medialen Gelenkkompartiments
  • Beugung >90 Grad
  • Beugekontraktur < 15 Grad
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