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Notizbuch

Multiples Myelom

- maligner Tumor aus rundlichen, Plasmazell-ähnlichen Tumorzellen mit multiplen Absiedlungen im Achsenskelett (Synonym: Plasmozytom)
- Alter: 40. – 70. Lebensjahr
- Männer > Frauen
- Lokalisation: alle Knochen mit rotem, blutbildendem Knochenmark (Wirbelsäule, Becken, Metaphyse des Femurs und Humerus, Schädel, Rippen)
- Einteilung:

  • generalisiertes Plasmozytom: hier beschrieben
  • solitäres Plasmozytom: lokalisiert, ggf. viel später Dissemination
  • extraossäres Plasmozytom: primärer Weichteiltumor (auch beim generalisierten Plasmozytom können Weichteilabsiedlungen auftreten)
  • Plasmazellleukämie: Leukozytose mit Erhöhung des Plasmazellanteils
  • Plasmozytom des Lymphknotens: Lymphome mit Differenzierung vergleichbar einem Plasmozytom

- Verlauf:

  • gehen vom roten Knochenmark aus
  • im retikuloendothelialen System entstehen aus B-Lymphozyten Tumorzellen mit einer Plasmazell-ähnlichen Differenzierung
  • maligne Plasmazellen produzieren pathologische, monoklonale Immunoglobuline
  • wenn das rote Knochenmark infiltriert wird und daher für die Hämatopoese ausfällt, wird Mark rekrutiert, dass in diesem Alter primär nicht mehr an der Hämatopoese teilnimmt (Femur, Tibia, etc), später wird auch dieses Mark vom Plasmozytom befallen
  • die Infiltration des Knochens führt zu diffusen oder umschriebenen Osteolysen
  • die Beeinträchtigung der Hämatopoese führt zu einer Anämie
  • die überschießende Bildung von funktionsunfähigen Immunoglobulinen verursacht ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom; daraus resultierende sekundäre Infektionen können tödlich enden
  • die massiv gebildeten, monoklonalen Immunoglobuline werden in inneren Organen abgelagert und verursachen eine Amyloidose
  • glomeruläre Filtration in der Niere führt zu Ablagerung in den Tubuli und einer Niereninsuffizienz: „Myelomniere“
  • Hyperkalzämie führt zu Osteopenie mit sekundär aktivierter Osteoblastenaktivität und resultierender Erhöhung der Aktivität der alkalischen Phosphatase
  • langsam progredienter Verlauf führt zum Tod durch Lungenentzündung, Amyloidose, Nierenversagen etc.

 

Abb. 8-76: Multiple Absiedlungen eines Plasmozytoms in der Wirbelsäule: natives Röntgenbild (A,B), MRTBildgebung (C), nach Vertebroplastik (D,E) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-76: Multiple Absiedlungen eines Plasmozytoms in der Wirbelsäule: natives Röntgenbild (A,B), MRTBildgebung (C), nach Vertebroplastik (D,E) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

Klinik / Diagnose:

- Knochenschmerz bei Osteolysen und Osteopenie
- Rückenschmerz
- Gerinnung: Thrombozytendysfunktion
- Labor:

  • Anämie
  • Sturzsenkung, alkalische Phosphatase erhöht
  • Elektrophorese: monoklonale Immunglobulinerhöhung (IgG, IgM oder IgA)
  • Urin: Ausscheidung von freien Leichtketten (Bence-Jones-Proteinurie)
  • Hyperkalzämie

- Beckenkammstanze mehr als 10% Plasmazellen- Organversagen (nephrotisches Syndrom)
- Kryoglobuline können Raynaud-artige Durchblutungsstörungen hervorrufen
- Röntgen:

  • Plasmozytomstatus: Tibia, Femur, Becken, Wirbelsäule, Schädel, Humerus, Rippen
  • „Schrotschußschädel“
  • Verlaufsformen:
    • generalisierte, oft grobsträhnige Osteoporose
    • multiple Osteolysen
    • diffuse Osteosklerose

- Knochenszintigrafie:

  • Kombination aus diffusem Skelettbefall und relativ unauffälligem Knochenszintigramm ist typisch für Plasmozytom (nicht alle Knochenläsionen zeigen eine Mehranreicherung)

 

Abb. 8-77: Pathologische Fraktur bei einem Patienten mit einem Plasmozytom und Befall des distalen Femurs (Eigentum des Insituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-77: Pathologische Fraktur bei einem Patienten mit einem Plasmozytom und Befall des distalen Femurs (Eigentum des Insituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

- Computertomografie:

  • Osteolysen mit zu umgebenden Weichteilen vergleichbarer Dichte
  • intensives Kontrastmittelenhancement

- MRT:

  • T 1: hypointenses Signal, Ausdehnung im Markraum gut beurteilbar
  • T 2: hyperintenses Signal aufgrund Hypervaskularität

- Histologie:

  • makroskopisch: rötliches, brüchiges Tumorgewebe
  • mikroskopisch: viele runde, basophile Plasmazellen durchsetzen den Knochen, teilweise ohne Trabekelwerk zu zerstören; keine Matrix sondern amorphes eosinophiles Globulinmaterial, das von den Plasmazellen gebildet wird

 

 

 

 

Therapie:

- Chemotherapie ggf. Hochdosischemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation
- Biphosphonate: hemmen Osteopenie und hyperkalzämische Krisen
- lokale Bestrahlung
- Substitution von IgG bei Antikörpermangelsyndrom
- operative Stabilisierung frakturgefährdeter oder fakturierter Knochen (Verbundosteosynthese, Marknagel, Vertebroplastik)
- Behandlung der Niereninsuffizienz, Anämie (Erythropoetin), Amyloidose, etc.

Prognose / Komplikationen:

- progredienter Verlauf führt in der Regel zum Tod

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