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Notizbuch

Sprunggelenksfraktur

häufige Fraktur
- 80-90% der Last werden direkt von der Tibia auf die Trochlea tali übertragen
- Bandapparat:

  • Tibia und Fibula werden durch das Lig. tibiofibulare ant. und post. sowie die dazwischen gelegene Syndesmose stabilisiert
  • die Fibula ist über das Lig. talofibulare ant. mit dem lateralen Talushals, über das Lig. calcaneofibulare mit dem Calcaneus und über das Lig. talofibulare post. mit dem hinteren Anteil des Talus verbunden
  • medial ist der Malleolus medialis durch das Lig. deltoideum sup. mit dem Talushals und dem Calcaneus und durch die Pars profunda mit dem medialen und posteromedialen Anteil des Talus verbunden

- kein reines Scharniergelenk, sondern vielmehr Roll-Gleitbewegung
- Bewegungsumfang Dorsalextension/Plantarflexion: 15/0/55
- Instabilität:

  • nicht durch Lateralverschiebung des Talus, sondern durch Außenrotation des Talus
  • Durchtrennung des Lig. deltoideum profundum führt zu einer Instabilität, eine Durchtrennung des Lig. talofibulare ant. nicht
  • Lig. deltoideum ist ein primärer Gelenkstabilisator

Bildgebung:

- Röntgen: seitlich & AP-Aufnahme (Mortise: AP-Aufnahme in 15 Grad Innenrotation), ggf. gehaltene Aufnahme in Pro- und Supination (ggf. Untersuchung unter BV).
- Syndesmose verbreitert: wenn in 15 Grad Innenrotation (Mortise) der Abstand zwischen Tibia und Fibula 1cm cranial des Gelenkspaltes >5mm und sich Tibia und Fibula um weniger als 6mm überlagern
- MRT: ggf. bei Maisonneuve- Fraktur

Einteilung: AO-Klass: 44-A1 bis C3

Weber:
- Typ A: Fraktur distal des Gelenkspaltes
- Typ B (80%): Fraktur in Höhe des OSG-Gelenkspaltes
- Typ C: Fraktur proximal des Gelenkspaltes

Maisonneuve - Fraktur:
- hohe Wadenbeinfraktur oder Luxation des proximalen Tibio-Fibular-Gelenks, Ruptur der Membrana interossea, der Syndesmose und des Lig. deltoideum

Lauge-Hansen: weniger gebräuchlich, da relativ komplex
- berücksichtigt den Verletzungsmechanismus (Ziel, die Reposition zu erleichtern), Supination führt zu Zug auf laterale und Pronation auf mediale Gelenkstrukturen
- 1. Wort: Position des Fusses zum Zeitpunkt des Trauma; 2. Wort: Bewegung des Fusses während des Trauma
- Supination / Außenrotation: nacheinander werden durch Supination und Außenrotation die folgenden Strukturen verletzt

  • Stadium 1 : Lig. talofibulare ant.
  • Stadium 2: Malleolus lat. (distal)
  • Stadium 3: Volkmann’sches Dreieck
  • Stadium 4: Malleolus med. oder Lig. deltoideum

 

Abb. 3-54: Maisonneuve Fraktur nach Reposition
Abb. 3-55: Maisonneuve Fraktur nach Reposition
Orthoforum

- Pronation / Außenrotation:

  • Stadium 1: Malleolus med. oder Lig. deltoideum
  • Stadium 2: Lig. talofibulare ant.
  • Stadium 3: Malleolus lat. oberhalb der Syndesmose (kurze Spiralfraktur)
  • Stadium 4: Volkmann’sches Dreieck

- Supination / Adduktion:

  • Stadium 1: Malleolus lat. gefolgt vom
  • Stadium 2: Malleolus med. oder Lig. deltoideum

- Pronation / Abduktion:

  • Stadium 1: Malleolus med. oder Lig. deltoideum gefolgt vom
  • Stadium 2: Malleolus lat. (oft Trümmerfraktur), ggf. Impaktierung der lateralen Tibiagelenkfläche

Therapie:

- die allgemeine Annahme, dass eine Operation bessere Ergebnisse als die konservative Therapie zeigt, konnte in den meisten Studien nicht belegt werden

- Operationsindikation:

  • Stufe im Last tragenden Gelenkknorpel: eher bei Frakturen der distalen Tibia
  • dynamische Inkongruenz der Gelenkflächen aufgrund einer Instabilität

 

 

 

Abb. 3-55: Verletzung des Lig. tibiofibulare anterius und der Syndesmose (A), Fibulafraktur Typ A nach AO und Fraktur des medialen Malleolus nach Fixierung (B), Typ A Fraktur des medialen Malleolus fixiert mit einer Zuggurtungsosteosynthese (C) (mit freun
Abb. 3-56: Verletzung des Lig. tibiofibulare anterius und der Syndesmose (A), Fibulafraktur Typ A nach AO und Fraktur des medialen Malleolus nach Fixierung (B), Typ A Fraktur des medialen Malleolus fixiert mit einer Zuggurtungsosteosynthese (C) (mit freun
Orthoforum

 

- Frakturen des lateralen Malleolus:

  • früher ging man davon aus, dass jede Lateralverschiebung des Talus aufgrund einer Fraktur des Malleolus lat. zu einer massiven Verringerung der Gelenkkontaktfläche führt
  • heute weiß man, dass eine isolierte Verletzung des Malleolus lateralis keinen Einfluss auf die Gelenkbiomechanik hat und das Ausmaß der Dislokation der Fibula bei diesen Frakturen nicht mit dem des Talus unter axialer Belastung korreliert
  • aus diesem Grunde können die folgenden Frakturtypen konservativ behandelt werden:
    • Supination & Abduktion (Stadium 1)
    • Supination & Außenrotation (Stadium 1-2)
    • Weber A
    • Weber B ohne Beteiligung des Lig. deltoideum oder des Malleolus medialis

- Kombination aus einer Verletzung des Lig. deltoideum oder des Malleolus med. und einer Verletzung des Malleolus lat.:

  • Operationsindikation
  • je anatomischer die Frakturreposition (Operation), um so besser das Ergebnis
  • von einer klinisch signifikanten Verletzung des Lig. deltoideum spricht man bei einem Aufklappen des Gelenkspalts zwischen medialer Facette des Talus und Malleolus medialis von mindestens 5mm
  • Beispiel:
    • Supination & Außenrotation (Stadium 4)
    • Pronation & Außenrotation (Stadium 3-4)
    • Pronation & Abduktion (Stadium 2)
    • Supination und Abduktion (Stadium 2)

 

Abb. 3-56: MRT nach Maisonneuve Fraktur: Lig. tibiofibulare ant. und Syndesmose rupturiert, das Lig. tibiofibulare post. ist intakt (A). Beurteilung der Syndesmose im nativen Röntgenbild (B). Röntgenbild einer Syndesmosenstellschraube (C)
Abb. 3-57: MRT nach Maisonneuve Fraktur: Lig. tibiofibulare ant. und Syndesmose rupturiert, das Lig. tibiofibulare post. ist intakt (A). Beurteilung der Syndesmose im nativen Röntgenbild (B). Röntgenbild einer Syndesmosenstellschraube (C)
Orthoforum

 

- Verletzungen der Syndesmose:

  • vordere Ausriss der Syndesmose an der ventralen Seite der Tibia wird als „Tubercule de Tillaux Chaput" (nur bei Adoleszenten) bezeichnet und der fibulaseitige Ausriss der ventralseitigen Syndesmose als „Wagstaffe-Fragment"
  • Frakturen der Fibula proximal des Sprunggelenkspaltes gehen mit einer Verletzung der Syndesmose einher (Weber C - Frakturen)
  • obwohl man früher jede Weber-C-Fraktur als Operationsindikation eingestuft hat, ist das Vorgehen inzwischen differenzierter:
    • ohne eine Verletzung des Lig. deltoideum oder des Malleolus med. ist das Sprunggelenk auch bei einer Weber-C-Fraktur meistens stabil, in der Regel kommt es erst zu einer Verbreiterung der Syndesmose, wenn eine mediale Verletzung vorliegt
    • Kombination aus einer medialen Verletzung und einer Ruptur der Syndesmose, die weiter als 3cm nach cranial reicht, bedarf einer Syndesmosenstellschraube
  • Syndesmosenschraube:
    • sollte 3 Kortikales durchdringen
    • 4,5mm Durchmesser
    • keine Zugschraube sondern Stellschraube, um zu rigide Fixierung der Fibula zu vermeiden
    • parallel zum Gelenkspalt, um eine Verschiebung der Fibula nach cranial oder kaudal zu vermeiden

- Maisonneuve-Fraktur:

  • hohe Fibulafraktur und Fraktur des Malleolus med. oder Ruptur des Lig. deltoideum Operationsindikation (2 parallele Stellschrauben)
  • Überprüfung der medialen Gelenkstabilität: Lig. deltoideum, Malleolus med. und Lig. tibiofibulare post. intakt, dann konservative Therapie möglich

- Tri-malleoläre Frakturen:

  • Zusätzliche Volkmann Fraktur
  • Ergebnisse schlechter als bei bi-malleolären Frakturen
  • Fragmente der posterioren Tibia von mehr als 30% der Gelenkfläche sollten reponiert und fixiert werden
  • Reposition oft automatisch durch Ligamentotaxis nach Fixierung des Außenknöchels

- Operation:

  • 1. Schritt: Fixierung des Außenknöchels (Drittelrohrplatte)
  • 2. Schritt: Osteosynthese des Innenknöchels
  • 3. Schritt: ggf. Fixierung des Volkmann’schen Dreiecks

- post-OP:

  • Entlastung, Osteosynthese nicht belastungsstabil
  • Röntgenkontrolle: post-op, nach 1, 4 und 6 Wochen
  • Studien haben nicht belegt, dass eine frühe passive Mobilisation das Funktionsergebnis verbessert

- offene Frakturen:

  • Grad 1-3a nach Gustilo: umgehende Osteosynthese, verzögerter Wundverschluss nach 5 Tagen
  • Grad 3b-c: Débridement und Fixateur extern

Kindesalter:

Fraktur des Sprunggelenks
- Radspeichenverletzung, Sportverletzung
- Röntgen: akzessorische Knochenkerne (distale Fibula) berücksichtigen
- Therapie:

  • konservative Therapie:
    • Indikation: undislozierte Frakturen, oder wenn akzeptable Reposition und Retention möglich
    • <10. Lebensjahr: Rekurvationsfehlstellung und Varus/Valgus-Fehlstellung bis 20 Grad
    • >10. Lebensjahr: nur minimale Fehlstellung da geringes Wachstumspotential der distalen Tibiafuge
    • Unterschenkelgips mit Entlastung für 4 Wochen, anschließend Gehgips
    • Oberschenkelliegegips beim Kleinkind
    • Komplikationen: selten; sehr gute Prognose
  • operative Therapie:
    • Indikation: nicht exakt reponierbare oder retinierbare Frakturen, Epiphysenfraktur mit Volkmann-Dreieck, bi- und trimalleoläre Frakturen, epiphysäre Frakturen mit mehr als 2mm Gelenkstufe
    • Zugschraube:
      • Epiphysenverletzung mit dorsalem Volkmann-Dreieck: Spongiosazugschraube von ventral
      • Innenknöchelfraktur mit metaphysärem Keil: fugenparallele Spongiosazugschraube
      • „two-plane“ Fraktur: Spongiosazugschraube von medial oder lateral in das epiphysäre Fragment
      • „tri-plane“ Fraktur: zusätzlich epiphysäre und/oder metaphysäre Spongiosazugschraube von ventral
      • Post-op: beim Kind in der Regel Unterschenkelgips
    • K-Draht-Osteosynthese: Innenknöchelfraktur, transepiphysäre Fixierung
    • Bi- und trimalleoläre Frakturen: wie beim Erwachsenen

Prognose / Komplikationen:

- Verzögerung der Operation führt zu einer Erhöhung der Komplikationsrate und erschwert eine anatomische Rekonstruktion
- Pseudarthrose: einige Autoren empfehlen, Fibulapseudarthrosen auch noch Jahre nach dem Trauma zu fixieren, auch wenn diese keine klinischen Symptome verursachen
- Verkürzung des Außenknöchels
- M. Sudeck
- Verletzung des N. peroneus superficialis oder N. saphenus
- Funktionsverbesserung noch über einen Zeitraum von 9 Jahren
- posttraumatische Arthrose: tritt in der Regel in den ersten 2 Jahren auf

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