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Notizbuch

Rheumatoide Arthritis

- 16% der Patienten entwickeln initial Fußbeschwerden
- nach 10 Jahren Rheuma hat fast jeder Patient Vorfußbeschwerden
- Metatarsophalangealgelenk am häufigsten betroffen
- Pathomechanismus:

  • initial Synovialitis der Metatarsophalangealgelenke und Sehnenscheiden; daraus entwickelt sich eine
    • Aufweitung der Kapsel bzw. der Kollateralbänder
    • Destruktion der Gelenke und
    • Schwächung der Sehnen
    • mit zunehmender Gelenkinstabilität und Subluxation der Gelenke bei gleichzeitiger Schwächung der dynamischen Stabilisatoren kommt es zur Entstehung von Deformitäten
    • initial ist häufig der Vorfuß betroffen

- Befunde:

  • Krallenzehen (80%)
  • Dislokation des Metatarsophalangealgelenks (65%) (Metatarsalköpfchen luxiert nach plantar): der 2.-5. Strahl weichen nach lateral ab
  • Hallux valgus (65%)
  • Einsinken des Fußlängsgewölbes mit resultierendem Knick-Senkfuß (50%)
  • Knicksenkfuß und Rückfußvalgus aufgrund zunehmender Instabilität im unteren Sprunggelenk führen zu relativer Verkürzung der Achillessehne

- Vaskulitis: verursacht Hautulcerationen, Ischämie, Rheumaknoten

Einteilung:

Larsen-Stadien
- Stadium 0: keine Veränderungen, normaler Gelenkstatus
- Stadium 1: geringe Veränderungen: periartikuläre Weichteilschwellung, periartikuläre Osteoporose, geringe Gelenkspaltverschmälerung
- Stadium 2: leichte Erosionen, Gelenkspaltverschmälerung
- Stadium 3: zunehmende Erosionen, mittelgradige Gelenkdestruktion
- Stadium 4: vollständige Zerstörung des Gelenkspaltes, ausgeprägte Erosionen, knöcherne Deformität
- Stadium 5: mutilierende Gelenkdestruktion mit teilweise grotesker Fehlstellung

Vorfußindex:
- Plus-Minus-Index: (33%) homogene Linie vom 1. bis 5. Metatarsalköpfchen- Minus-Index: (57%) das Metatarsalköpfchen 1 steht deutlich hinter dem Metatarsalköpfchen 2 zurück- Plus-Index: (10%) Metatarsale 1 Köpfchen reicht deutlich über das Metatarsale 2 Köpfchen hinaus

Klinik / Diagnose:

- Sehnenscheidenentzündung: M. tibialis post. > Peronealmuskulatur > M. tibialis ant.
- initial: Schmerzen Metatarsalköpfchen 2-5 ohne radiologische Veränderungen (Reizung der plantaren Bursa der Mittelfußköpfchen)
- Druckschmerz im Bereich der Metatarsalköpfchen
- Schmerzen beim Abrollen des Fußes
- Nachtschmerzen
- kleinschrittiger Gang
- akute Schwellung, Rötung und Überwärmung im Metatarsophalangealgelenk 1 zuerst an Arthritis urica denken
- ausgeprägte laterale Deviation des 2.-4. Strahls: „fibulare Windstoß“-Vorfußdeformität auf der Basis einer zunehmenden Destruktion der Metatarsophalangealgelenke mit verändertem Sehnenzug
- Subluxation und Luxation der Metatarsalköpfchen nach plantar mit Verdrängen des Fettpolsters und Ausbildung von Keratosen
- Röntgen: AP & seitlich

  • initial periartikuläre Osteoporose
  • symmetrische Gelenkspaltverschmälerung
  • Erosionen des Gelenkrandes
  • Weichteilschwellung
  • Deformität

- Sonografie: Beurteilung der Sehnenscheidenentzündung
- Pedobarografie: zunehmende Belastung des 3. und 4. Strahls und relative Entlastung des 1. Strahls

Therapie:

konservative Therapie: vor allem Larsen Stadium 0-2
- gute Fußpflege, auf Hautverletzungen achten
- Zehenzugabe im Bereich der Vorderkappe, um Kompression der Zehen zu vermeiden
- Einlagenversorgung mit Abstützung des medialen Fußgewölbes, fersenumfassend zur Vermeidung eines progredienten Knick-Senkfußes
- retrokapitale Weichbettung bei Beschwerden der Metatarsophalangealgelenke
- Dehnung der Achillessehne und Training der Fußmuskulatur
- lokale Injektion mit Kortison bei akuter Arthritis, Bursitis und Sehnenscheidenentzündung
- Stabilisierung des Fußes in Arthrodeseschuh oder orthopädischen Schuhen: wenn bei zunehmendem Knick-Senkfuß das einseitige Stehen auf den Zehenspitzen nicht mehr möglich ist (Spätstadium)

operative Therapie:
- Synovektomie: der Metatarsophalangealgelenke über dorsalen intermetatarsalen Zugang bei Larsen-Stadium 0-2
- Synovektomie der Sehnenscheiden, um Schwächung der Sehnen zu vermeiden
- Plus Index:

  • Kombination aus: Metatarsalköpfchenresektion nach Hoffman und Metatarsale-1- Resektion nach Hueter/Mayo:
    • nach Hoffman:
      • über plantaren Zugang
      • Tenosynovektomie, Resektion der Metatarsalköpfchen 2-5 in harmonischer Linie
      • Synovektomie der Metatarsophalangealgelenke
      • Einnähen eines Kapsellappens zum Decken der Metatarsalstümpfe
    • Metatarsale-1-Resektion nach Hueter/Mayo:
      • Resektion des Metatarsalköpchens 1 und Interposition eines Kapsellappens
      • ggf. in Kombination mit einer basisnahen Korrekturosteotomie Metatarsale 1 (Intermetatarsalwinkel >15 Grad)

- Minus-Index:

  • Kombination aus einer Metatarsalköpfchenresektion nach Hoffman (Dig. 2-5) mit (1)Grundgliedbasisresektion Dig. 1 nach Brandes oder (2)Arthrodese Metatarsophalangealgelenk 1
    • Basisresektion nach Brandes:
      • Resektion der Grundphalanx 1
      • auf die Resektion des Metatarsalköpchens 1 wird verzichtet, um die größtmögliche Länge des ersten Strahls zu erhalten
      • ggf. in Kombination mit einer Metatarsale 1 Korrekturosteotomie (Intermetatarsalwinkel > 15 Grad)
    • Arthrodese des Metatarsophalangealgelenk 1 (Stellung: 15 Grad Valgus, 20-30 Grad Dorsalextension):
      • Ziel ist es, den ersten Strahl als stabilen Ort der Lasteinleitung zu erhalten
      • alleinige Operationen des 1. Strahls sind in der Regel nicht indiziert
      • WICHTIG: die Arthrodese des ersten Strahls bei einem Plus-Index führt ohne Verkürzung meistens zu schlechten Ergebnissen, während die Arthrodese bei einem Minus-Index bessere Ergebnisse zeigt

 

Abb. 6-21: Operation nach Hoffman: Resektion der Metatarsalköpfchen 2-5 und Operation nach Hueter/ Mayo: Resektion des Metatarsalköpfchen 1 ggf. mit proximaler Osteotomie (A), Operation nach Fowler mit Resektion der Grundgliedbasis 2-5 und oberflächlicher
Abb. 6-21: Operation nach Hoffman: Resektion der Metatarsalköpfchen 2-5 und Operation nach Hueter/ Mayo: Resektion des Metatarsalköpfchen 1 ggf. mit proximaler Osteotomie (A), Operation nach Fowler mit Resektion der Grundgliedbasis 2-5 und oberflächlicher Abtragung der Metatarsalköpfchen 2-5 (B) und Operation nach Clayton: Abtragung der Metatarsalköpfchen und Grundgliedbasis 2-5 (C)
Orthoforum

 

- Plus-Minus-Index:

  • bei geringer Gelenkdestruktion kann eine Verkürzungsosteotomie der Metatarsale 2-5 nach Weil mit einer Resektionsarthroplastik nach Brandes, einer Prothesenimplantation im Metatarsophalangealgelenk 1 oder einer Arthrodese kombiniert werden
  • bei ausgeprägter Gelenkdestruktion erfolgt eine Metatarsalköpchenresektion nach Hoffmann in Kombination mit einer Metatarsalköpfchenresektion nach Hueter/Mayo oder Arthrodese
  • Alternativ Metatarsale 1: der erste Strahl kann mit einer Prothese versorgt werden; hier gilt es jedoch, die relativ überschaubare Lebensdauer der Prothese zu berücksichtigen
  • Alternative Metatarsale 2-5:
    • Operation nach Tillmann: über plantaren Zugang werden die Metatarsalköpfchen 2-5 in einer harmonischen Linie reseziert
    • Operation nach Fowler: über dorsalen Zugang Resektion der Basis der 1.-5. Grundphalanx in Kombination mit einer geringgradigen Resektion des 1.-5. Metatarsalköpfchens; zeigt keine besseren Ergebnisse als OP nach Tillmann oder Hoffman
    • Operation nach Clayton: Resektion der Metatarsalköpfchen 1-5 und der Basis der proximalen Phalanx 1-5 führt zu einer funktionellen Vorfußamputation und ist nicht indiziert

- Kleinzehendeformität:

  • Krallenzehe: Operation nach Hohmann, evtl. PIP-Arthrodese mit FDL-Transfer
  • fixierte Fehlstellung im distalen Interphalangealgelenk: Arthrodese des DIP

- Triple-Arthrodese bei zunehmender Knick-Senkfuß-Deformität auf der Basis einer Instabilität im unteren Sprunggelenk und der Chopart-Gelenklinie
- Sprunggelenksprothese:

  • beim Rheumatiker Therapie der Wahl, um Restbeweglichkeit zu erhalten und sekundäre Mehrbelastung der Anschlussgelenke zu vermeiden
  • Kontraindikationen: Talusnekrose (MRT), neuropathische Osteoarthropathie, komplexe Instabilität des oberen Sprunggelenks, Deformität > 35 Grad
  • Ergebnis: Wechselrate nach 10 Jahren: 25%, nicht ganz vergleichbar mit Ergebnissen bei Arthrose

- Arthrodese des oberen Sprunggelenks:

  • Fusion nach 8 Wochen (60%), nach 12 Wochen (97%)
  • lange Entlastungszeiten sind für Rheumatiker sehr ungünstig
  • arthroskopisch assistierte Arthrodese verkürzt die Rehabilitation
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