Distale Humerusfraktur
- Inzidenz nimmt zu
- Ätiologie:
- Indirekte Gewalteinwirkung durch Sturz auf gestreckten oder leicht gebeugten Arm
- direkte Gewalteinwirkung
- Nervus radialis: lateral distaler Humerus, ca. 10cm (bis zu 7,5 cm!) proximal der Gelenkfläche
Bildgebung:
- Röntgen: AP & seitlich, Kind: Vergleichsaufnahme Gegenseite
Einteilung:
AO-Klassifikation AO-Klass 13
- Typ A: periartikuläre/extraartikuläre Fraktur
- A1: apophysär
- A2: metaphysär
- A3: metaphysärer Trümmerbruch
- Typ B: partielle Gelenkfraktur (ein Kondylus betroffen)
- B1: lateraler Kondylu
- B2: medialer Kondylus
- B3: intraartikulär
- Typ C: komplette Gelenkfraktur (beide Kondylen betroffen)
- C1: artikulär einfach oder metaphysär einfach
- C2: artikulär einfach und metaphysärer Mehrfragmentbruch
- C3: artikuläre und metaphysäre Mehrfragmentfraktur
Therapie:
konservative Therapie:
- Indikation:
- gering dislozierte Fraktur des Erwachsenen
- initiale Ruhigstellung beim Erwachsenen in gespaltenem Oberarmgips (Ellenbogen 90 Grad, Unterarm in Neutralstellung)
- nach Abschwellung zirkulärer Oberarmgips für 4 Wochen

operative Therapie:
- Typ A:
- A1:
- die meisten Abrissfrakturen sind medial
- Operationsindikation: >1cm Verschiebung oder mediale Instabilität
- Typ A2 & A3:
- unterbrechen die mediale oder laterale Kortikalis und sollten stabilisiert werden
- distale metaphysäre Frakturen: mediale und dorsoradiale DC-Platte (dynamic compression)
- Typ B: Milch-Klassifikation, um die Stabilität zu beurteilen
- Milch -Typ 1: Trochlea in Verbindung mit dem Humerus, der laterale Rand der Trochlea ist intakt
- wenn gut reponiert, konservative Therapie mit Ruhigstellung für 3 Wochen
- dislozierte Fraktur: Operation
- Milch Typ 2: Fraktur läuft im lateralen Anteil der Trochlea aus und löst damit die Trochlea vom Humerus: in der Regel dislozieren Radius und Ulna mit dem Fragment
- Operation

- Typ C:
- Rekonstruktion der Gelenkfläche und Stabilisierung der medialen und lateralen Säule
- Olekranonosteotomie notwendig, um die Gelenkflächen anatomisch zu rekonstruieren
- beim alten Menschen ggf. Implantation einer Ellenbogenprothese

- Operationsziel:
- stabile Osteosynthese
- frühe Mobilisation
- am Ellenbogen sind diese Ziele oft schwer zu erreichen
- fast alle Osteosynthesen sind in der Coronarebene steifer als in der Sagittalebene
- stabilste Rekonstruktion ist die Kombination aus einer medialen und dorsolateralen DCPlatte
- Post-Op: temporäre Ruhigstellung, aktiv assistierte Physiotherapie sobald übungsstabil
Kindesalter:
supracondyläre Humerusfraktur
- häufigste Fraktur des Kindes
- Klassifikation nach Baumann und von Laer
- Typ 1: nicht dislozierte Fraktur
- Typ 2: dislozierte Fraktur ohne Rotationsfehler
- Typ 3: dislozierte Fraktur mit Rotationsfehler
- Typ 4: vollständig dislozierte Fraktur
- 98% Extensionsfrakturen, 2% Flexionsfrakturen
- Röntgen:
- ventraler Sporn Hinweis auf Rotationsfehlstellung
- Fettpolster-Zeichen: Hinweis auf intraartikulären Erguss
- Therapie:
- Konservative Therapie:
- Typ 1 und 2 Frakturen
- dorsale Oberarmgipsschiene ggf. mit einer Blount Schlinge (Cuff and Collar) Fixation des Handgelenks am Hals
- Ellenbogenflexion stabilisiert die Fraktur
- CAVE: Volkmann-Kontraktur
- operative Therapie:
- instabile Typ 2, alle Typ 3 und 4 Frakturen
- K-Drahtosteosynthese: 2 Drähte vom Condylus radialis und Epicondylus ulnaris, die sich proximal der Fraktur kreuzen (CAVE: N. ulnaris, ggf. Inzision)
- Drahtentfernung nach 3-4 Wochen
- Alternative: deszendierende Marknägel (2), radialer Fixateur
- Komplikation: Rotationssporn bei verbleibender Rotationsfehlstellung kann zu Flexionseinschränkung führen; Verletzung der Wachstumsfugen mit schweren Fehlstellungen (Valgusfehlstellung bei Beteiligung des Condylus radialis humeri)
regelmäßige Verlaufskontrollen bis Wachstumsabschluss
Abriss des Condylus radialis
- konservative Therapie:
- Indikation: nichtdislozierte, nur metaphysär dislozierte Fraktur
- Oberarmgipsschiene für 4 Wochen, Röntgenverlaufskontrolle nach 7 Tagen (ohne Gips)
- CAVE: sekundäre Dislokation und Pseudarthrose
- Nachkontrolle bis Wachstumsabschluss
- operative Therapie:
- Indikation: Dislokation >2 mm
- Zugschraube durch metaphysären Anteil (Wachstumsfuge schonen!), immer richtige Inzision
- Alternative: transepiphysäre K-Draht Fixierung
- Oberarmgipsschiene für 3-4 Wochen
- Zugschraubenentfernung nach 6-8 Wochen
- Komplikation: Fugenverschluss mit Cubitus valgus (Nachkontrolle bis Wachstumsabschluss)
Abriss des Condylus ulnaris
- konservative Therapie:
- Indikation: nichtdislozierte Fraktur, keine ulnare Seitenbandinstabilität
- Oberarmgipsschiene für 4 Wochen, Röntgenverlaufskontrolle nach 7 Tagen (ohne Gips)
- operative Therapie:
- Indikation: Dislokation
- N. ulnaris darstellen
- K-Draht oder Kleinfragment Zugschraube
- Oberarmgipsschiene für 3-4 Wochen
- Zugschraubenentfernung nach 6-8 Wochen
- Komplikation: kein Einfluss auf Längenwachstum (keine Nachkontrolle nötig)
Prognose / Komplikationen:
- Nervenverletzung
- Gefäßverletzung
- periartikuläre Verkalkungen
- Kadi-Fraktur: führt oft zu Regressforderungen
5 kindliche Kadi-Frakturen:
- bei Fehlbehandlung oder Übersehen droht Kadi
- Obere Extremität:
1. Condylus humeri radialis Fraktur (instabil nicht disloziert)
2. übersehene Radiusköpfchenluxation (isoliert oder i.R. einer Monteggiafraktur)
3. suprakondyläre Humerusfraktur disloziert mit Rotationsfehler (Kalibersprung im Röntgen!)
- Untere Extremität:
4. Biegungsbruch proximal metaphysär (klaffendem Frakturspalt medial mit konskutiver drohende Valgusachsabweichung)
5. Fraktur des Malleolus medialis (Fehlwachstum bei vorzeitigem Epiphsenschluss)