Patellafraktur
- direkte Gewalteinwirkung („dashboard“)
- indirekte Gewalteinwirkung durch forcierte Beugung bei kontrahiertem Quadrizeps
- aktive Kniestreckung und Anheben des gestreckten Beins von der Unterlage nicht möglich
- Hämatom & Hämarthros: Hinweis auf eine Patellafraktur
- häufig offene Fraktur
- Differentialdiagnose: Patella bipartita, klassisch oberes laterales Fragment, fast immer beidseitig
Bildgebung:
- Röntgen:
- Kniegelenk AP, seitlich und Patella tangential (45 Grad Kniebeugung)
- seitliche Aufnahme: Hinweis auf Patella baja/alta
- Insall-Salvati-Index: Verhältnis Länge der Patella zu Abstand distaler Patellapol und Ansatz des Ligamentum patellae an der Tuberositas sollte bei Männern: 0.9-1.1, bei Frauen: 0.94-1.18 betragen
- Blackburne-Peel-Index: Verhältnis Länge des Patellaknorpels zu Entfernung distaler Patellapol zu Tibiaplateau: Männer: 0.85-1.09, Frauen: 0.7-1.09)
Einteilung:
- Polfraktur, Querfraktur, Längsfraktur, Mehrfragmentfraktur, Trümmerfraktur
- Speck & Regazzoni:
- Typ A: Längsfraktur
- Typ A1: nicht disloziert
- Typ A2: disloziert
- Typ A3: mit Zusatzfragment
- Typ B: Querfraktur
- Typ B1: Polabriß ohne Gelenkbeteiligung
- Typ B2: einfache Querfraktur
- Typ B3: mit Zusatzfragmenten oder doppelte Querfraktur
- Typ C: Mehrfragmentfrakturen
- Typ C1: nicht disloziert
- Typ C2: disloziert < 2 mm
- Typ C3: disloziert > 2 mm
- klinisch: disloziert oder nicht (≥ 3mm Fragmentverschiebung, ≥2mm Knorpelstufe)
Therapie:
konservative Therapie:
- nicht dislozierte Längsfrakturen und Kantenabsprengungen mit intaktem Streckapparat
- Knieschiene, Vollbelastung mit blockierter Streckung für 6 Wochen
- parallel passive und assistierte schmerzadaptierte Mobilisation mit deblockierter Schiene
ab 2.-3. Woche
- Röntgenverlaufskontrollen zum Ausschluss einer Fragmentverschiebung
- Oberschenkelgips bei geringer Compliance
operative Therapie:
- Kleinfragment-Schraubenosteosynthese bei Polabriss
- primäre Therapie der Wahl bei Querfrakturen:
- Zuggurtungsosteosynthese mit zwei K-Drähten in Längsrichtung und einer Drahtcerclage um die distalen und proximalen Drahtenden und gekreuzt über die Patellavorderfläche
- die Zugkräfte werden in Kompressionskräfte im gelenkseitigen Frakturanteil umgewandelt
- Modifikation: statt K-Draht zwei kanülierte Schrauben durch die die Drahtcerclage verläuft
- Mehrfragmentfraktur: Versuch, durch Schraubenosteosynthese oder K-Drahtfixierung die Fraktur in eine Querfraktur umzuwandeln, die dann mit einer Zuggurtungsosteosynthese und Tonnencerclage versorgt wird
- Trümmerfraktur:
- äquatoriale Drahtcerclage (Tonnencerclage) um die Patella zur Reposition der Fragmente
- Rotationssicherung mit K-Drähten / Kleinfragmentschrauben und anschließend Zuggurtungsosteosynthese
- post-Op:
- Bewegungsschiene ab 5. Tag
- Mobilisation: ab 3. Woche assistiert aktiv
- Teilbelastung mit Knieschiene 10kg für 6 Wochen
- Röntgenkontrolle postoperativ: nach 1 und 6 Wochen
- Trümmer- und Mehrfragmentfrakturen: keine Gelenkmobilisation für 4 - 6 Wochen und Belastung mit in Streckung fixierter Knieschiene
- partielle Patellektomie:
- Patella sollte möglichst erhalten werden!
- schwere Trümmerfraktur ggf. Erhalt des größten Fragments/Fragmente und Refixierung des Streckapparates
- je weniger entfernt wird, um so besser ist die patellofemorale Biomechanik
- Trümmerfrakturen des distalen Pols können oft problemlos entfernt werden, da größten Teils extraartikulär
- post-OP: Ruhigstellung in Streckung für 6 Wochen
- offene Fraktur: umgehendes Débridement und Stabilisierung nach beschriebener Technik
- bei ausgedehntem Weichteilschaden ggf. zunächst gelenkübergreifender Fixateur extern, später definitive Versorgung
Prognose / Komplikationen:
- posttraumatische Arthrose: vor allem nach partieller Patellektomie
- Infektionsrisiko: auch bei offenen Frakturen gering
- Bewegungseinschränkung:
- Streckdefizit biomechanisch besonders ungünstig (erhöhter Anpressdruck)
- frühes Release oder passive Manipulation
- Pseudarthrose: selten
- postoperativer Korrekturverlust:
- in der Regel auf technische Fehler bei der Osteosynthese zurückzuführen
- umgehende offene Revision
- Metallentfernung: in der Regel erforderlich