Lesezeichen setzen
Inhalt melden
Notizbuch

Verletzung der Beugesehnen

Abb. 7-13: Flexorensehnenverletzung: Einteilung in Zonen nach Kleinert
Abb. 7-13: Flexorensehnenverletzung: Einteilung in Zonen nach Kleinert
Orthoforum

Einteilung:

Kleinert
- Zone 1: über dem DIP-Gelenk
- Zone 2: zwischen A1-und A4-Ringband

  • „Niemandsland“ (Bunnell), aufgrund der eher schlechten Operationsergebnisse, heute eher „Nicht jedermanns Land“

- Zone 3: zwischen dem distalen Rand des Retinaculum flexorum und dem A1-Ringband
- Zone 4: über den Handwurzelknochen, unterhalb des Retinaculum flexorum
- Zone 5: proximal des Retinaculum flexorum
- Zone Th1: Daumen über dem DIP-Gelenk
- Zone Th2: Daumen über dem PIP-Gelenk
- Zone Th3: Daumen über dem Metacarpale 1
- Ringbänder: A1-5 und C1-3

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 7-14: Ringbänder A1 bis A5 und C1 bis C3
Abb. 7-14: Ringbänder A1 bis A5 und C1 bis C3
Orthoforum

 

  • Ringband A: anulare, ringförmige Anordnung
    • A 1: MCP-Gelenk
    • A 2: entlang der proximalen Phalanx
    • A 3: PIP-Gelenk
    • A 4: entlang der mittleren Phalanx
    • A 5: DIP-Gelenk
  • Ringband C: cruciforme, gekreuzte Anordnung
    • C 1: distaler Anteil der proximalen Phalanx
    • C 2: proximaler Anteil der mittleren Phalanx
    • C 3: distaler Anteil der mittleren Phalanx
Abb. 7-15: Haltung der Finger für optimale Spannung der Beugesehne bei der Sehnennaht
Abb. 7-15: Haltung der Finger für optimale Spannung der Beugesehne bei der Sehnennaht
Orthoforum

Diagnose / Klinik:

- Verlust des Beugetonus der Finger
- Verlust der Fingerkuppensymmetrie

- Durchtrennung der Sehne des M. flexor digitorum profundus: keine aktive Beugung im DIP-Gelenk

- Durchtrennung der Sehne des M. flexor digitorum superficialis: keine aktive Beugung im PIPGelenk,
wenn die restlichen Finger in Streckung fixiert werden

- Durchtrennung beider Beugesehnenanteile:
keine aktive Beugung

 

 

Therapie:

- primäre Naht: Methode der Wahl
- keine Notfalloperation

 

Abb. 7-16: Provokationstest für den Flexor digitorum profundus (A), für den Flexor digitorum superficialis (B) und für den Flexor pollicis profundus (C)
Abb. 7-16: Provokationstest für den Flexor digitorum profundus (A), für den Flexor digitorum superficialis (B) und für den Flexor pollicis profundus (C)
Orthoforum

 

- Schonung der Ringbänder wichtig (vor allem A2 (proximale Phalanx) und A4 (mittlere Phalanx))

  • wenn die Ringbänder verletzt werden, verlagert sich die Sehne nach palmar, der Tonus der Flexoren überwiegt und es kommt zum „Bowstringing“, Flexorensehne spannt sich wie eine Bogensehne und der Finger kommt mehr und mehr in eine Beugekontrakturstellung

- atraumatische Operationstechnik essentiell, um Verwachsungen zu vermeiden und die
Blutversorgung durch die Vincula zu erhalten

 

Abb. 7-17: Entnahme der Sehne des Palmaris longus für eine Sehnenplastik
Abb. 7-17: Entnahme der Sehne des Palmaris longus für eine Sehnenplastik
Orthoforum

- ggf. sekundäre Naht: eine signifikante Retraktion der Sehnenenden kann nach 4 Wochen (Erwachsener), bzw. 6 Wochen (Kind), erwartet werden, dann ist eine sekundäre Naht nicht mehr sinnvoll
- Zugang: meist Brunner-Schnittführung
- Nahtmaterial: 3-0 bis 5-0 Faden
- Technik:
(1) Bunnell
(2) Kessler
(3) Zechner
(4) Kleinert-Ringnaht
(5) Silfverskiöld
(6) Tsuge
(7) Mason-Allen
(8) Krackow
- Grundprinzip:

  • Knoten möglichst weit von der Rupturstelle entfernt
  • schlecht resorbierbares oder nicht resorbierbares Nahtmaterial
  • Querzug etwa 1cm von der Rissstelle entfernt

- Sehnenheilung nach Naht:

  • Entzündungsphase: bis 7. Tag
  • Proliferationsphase: 7. – 21. Tag
  • Umbauphase: ab 21. Tag (bis zu 4 Monate)

- Stabilität der Rekonstruktion:

  • abhängig von der Anzahl der Fäden, die den Defekt überbrücken
  • abhängig vom Nahtmaterial
  • dorsaler Sehnenanteil hat die beste Sehnenqualität für eine stabile Rekonstruktion

- post-OP Rehabilitation:

  • bis zur 4. Woche:
    • Ruhigstellung in Kleinert Gips:
      • DIP- und PIP-Gelenk: 0-15 Grad Flexion
      • MP-Gelenk: 45 Grad Flexion
      • Handgelenk: 30 Grad Flexion
    • kontrolliert passive Mobilisation (ggf. Kleinert Schiene)
  • 5.-6. Woche:
    • aktive Extensions- und belastungsfreie Flexionsübungen
    • wichtig kombinierte gegenläufige Bewegungen in Handgelenk und Fingergelenken
  • 7.-8. Woche:
    • passive Dehnung der Sehne
  • >8. Woche:
    • freie aktive Mobilisation

 

Abb. 7-18: Nahttechniken: Halsted-Naht (A), Silfverskiöld-Naht (B), fortlaufende Naht (C), Mason-AllenNaht (D), Bunnell-Naht (E), Kessler-Naht (F), Krackow-Naht (G) und Taras-Naht (H)
Abb. 7-18: Nahttechniken: Halsted-Naht (A), Silfverskiöld-Naht (B), fortlaufende Naht (C), Mason-AllenNaht (D), Bunnell-Naht (E), Kessler-Naht (F), Krackow-Naht (G) und Taras-Naht (H)
Orthoforum

 

- Last die auf die Beugesehne bei der Physiotherapie wirkt:

  • passive Mobilisierung: ca. 0.5 bis 1 kg
  • Spitzengriff: ca. 1 kg
  • Starker Händegriff: 5 bis 7.5 kg

- geschlossene Flexor digitorum profundus – Ruptur oder Avulsionsverletzung:

  • 75% Ringfinger
  • wenn eine primäre Naht nicht möglich, ggf. Arthrodese des DIP-Gelenks oder Tenodese

- komplexe Rekonstruktionen:

  • ein- oder zweizeitiger Sehnentransfer möglich
Abb. 7-19: Zugangswege bei der Verletzung einer Beugesehne
Abb. 7-19: Zugangswege bei der Verletzung einer Beugesehne
Orthoforum

Prognose / Komplikation:

- ungünstigere Prognose:

  • gleichzeitige Fraktur
  • Hautverlust
  • Gelenkverletzung
  • neurovaskuläre Verletzung

- Rerupturrate:

  • 6% (Finger) versus 16% (Daumen)
  • meistens in den ersten 5 Wochen nach Naht: Trend
    geht zu früher aktiver Mobilisation
  • ab 8. Woche selten
  • Therapie: umgehend erneute Naht ist die Methode der Wahl

- Vernarbungen

VORHERIGES KAPITEL NÄCHSTES KAPITEL