Verletzung der Beugesehnen
Einteilung:
Kleinert
- Zone 1: über dem DIP-Gelenk
- Zone 2: zwischen A1-und A4-Ringband
- „Niemandsland“ (Bunnell), aufgrund der eher schlechten Operationsergebnisse, heute eher „Nicht jedermanns Land“
- Zone 3: zwischen dem distalen Rand des Retinaculum flexorum und dem A1-Ringband
- Zone 4: über den Handwurzelknochen, unterhalb des Retinaculum flexorum
- Zone 5: proximal des Retinaculum flexorum
- Zone Th1: Daumen über dem DIP-Gelenk
- Zone Th2: Daumen über dem PIP-Gelenk
- Zone Th3: Daumen über dem Metacarpale 1
- Ringbänder: A1-5 und C1-3
- Ringband A: anulare, ringförmige Anordnung
- A 1: MCP-Gelenk
- A 2: entlang der proximalen Phalanx
- A 3: PIP-Gelenk
- A 4: entlang der mittleren Phalanx
- A 5: DIP-Gelenk
- Ringband C: cruciforme, gekreuzte Anordnung
- C 1: distaler Anteil der proximalen Phalanx
- C 2: proximaler Anteil der mittleren Phalanx
- C 3: distaler Anteil der mittleren Phalanx
Diagnose / Klinik:
- Verlust des Beugetonus der Finger
- Verlust der Fingerkuppensymmetrie
- Durchtrennung der Sehne des M. flexor digitorum profundus: keine aktive Beugung im DIP-Gelenk
- Durchtrennung der Sehne des M. flexor digitorum superficialis: keine aktive Beugung im PIPGelenk,
wenn die restlichen Finger in Streckung fixiert werden
- Durchtrennung beider Beugesehnenanteile:
keine aktive Beugung
Therapie:
- primäre Naht: Methode der Wahl
- keine Notfalloperation
- Schonung der Ringbänder wichtig (vor allem A2 (proximale Phalanx) und A4 (mittlere Phalanx))
- wenn die Ringbänder verletzt werden, verlagert sich die Sehne nach palmar, der Tonus der Flexoren überwiegt und es kommt zum „Bowstringing“, Flexorensehne spannt sich wie eine Bogensehne und der Finger kommt mehr und mehr in eine Beugekontrakturstellung
- atraumatische Operationstechnik essentiell, um Verwachsungen zu vermeiden und die
Blutversorgung durch die Vincula zu erhalten
- ggf. sekundäre Naht: eine signifikante Retraktion der Sehnenenden kann nach 4 Wochen (Erwachsener), bzw. 6 Wochen (Kind), erwartet werden, dann ist eine sekundäre Naht nicht mehr sinnvoll
- Zugang: meist Brunner-Schnittführung
- Nahtmaterial: 3-0 bis 5-0 Faden
- Technik:
(1) Bunnell
(2) Kessler
(3) Zechner
(4) Kleinert-Ringnaht
(5) Silfverskiöld
(6) Tsuge
(7) Mason-Allen
(8) Krackow
- Grundprinzip:
- Knoten möglichst weit von der Rupturstelle entfernt
- schlecht resorbierbares oder nicht resorbierbares Nahtmaterial
- Querzug etwa 1cm von der Rissstelle entfernt
- Sehnenheilung nach Naht:
- Entzündungsphase: bis 7. Tag
- Proliferationsphase: 7. – 21. Tag
- Umbauphase: ab 21. Tag (bis zu 4 Monate)
- Stabilität der Rekonstruktion:
- abhängig von der Anzahl der Fäden, die den Defekt überbrücken
- abhängig vom Nahtmaterial
- dorsaler Sehnenanteil hat die beste Sehnenqualität für eine stabile Rekonstruktion
- post-OP Rehabilitation:
- bis zur 4. Woche:
- Ruhigstellung in Kleinert Gips:
- DIP- und PIP-Gelenk: 0-15 Grad Flexion
- MP-Gelenk: 45 Grad Flexion
- Handgelenk: 30 Grad Flexion
- kontrolliert passive Mobilisation (ggf. Kleinert Schiene)
- Ruhigstellung in Kleinert Gips:
- 5.-6. Woche:
- aktive Extensions- und belastungsfreie Flexionsübungen
- wichtig kombinierte gegenläufige Bewegungen in Handgelenk und Fingergelenken
- 7.-8. Woche:
- passive Dehnung der Sehne
- >8. Woche:
- freie aktive Mobilisation
- Last die auf die Beugesehne bei der Physiotherapie wirkt:
- passive Mobilisierung: ca. 0.5 bis 1 kg
- Spitzengriff: ca. 1 kg
- Starker Händegriff: 5 bis 7.5 kg
- geschlossene Flexor digitorum profundus – Ruptur oder Avulsionsverletzung:
- 75% Ringfinger
- wenn eine primäre Naht nicht möglich, ggf. Arthrodese des DIP-Gelenks oder Tenodese
- komplexe Rekonstruktionen:
- ein- oder zweizeitiger Sehnentransfer möglich
Prognose / Komplikation:
- ungünstigere Prognose:
- gleichzeitige Fraktur
- Hautverlust
- Gelenkverletzung
- neurovaskuläre Verletzung
- Rerupturrate:
- 6% (Finger) versus 16% (Daumen)
- meistens in den ersten 5 Wochen nach Naht: Trend
geht zu früher aktiver Mobilisation - ab 8. Woche selten
- Therapie: umgehend erneute Naht ist die Methode der Wahl
- Vernarbungen