Pilonfraktur (distale Tibiafraktur)
- Ätiologie:
- axialer Gewalteinwirkung
- DD Sprunggelenksfrakturen: zusätzliche Rotationskomponente
- axiale Gewalteinwirkung bewirkt ausgeprägte Gelenkverletzung und schlechtere Funktionsergebnisse
- 75% der Patienten zeigen gleichzeitige Wadenbeinfraktur
- axiale Gewalteinwirkung: zusätzliche Frakturen (Calcaneus, Talus, Wirbelsäule) ausschließen
Bildgebung:
- Röntgen: AP, seitlich, Innenrotationsaufnahme
- Computertomografie: immer sinnvoll, da die Fraktur im Röntgenbild in der Regel unterschätzt wird
Einteilung:
AO – Klassifikation: AO-Klass: 43-A1 bis C3
- Typ A: extraartikulär
- A1: einfach
- A2: keilförmig
- A3: Mehrfragmentfraktur
- Typ B: partielle Gelenkfraktur
- B1: einfach, keine Impression
- B2: einfach mit Impression
- B3: partielle Gelenkfraktur mit mehreren Fragmenten
- Typ C: Gelenkfraktur
- C1: artikulär und metaphysär einfach
- C2: artikulär einfach, metaphysäre Mehrfragmentfraktur
- C3: artikuläre Mehrfragmentfraktur

Therapie:
konservative Therapie:
- selten indiziert: ggf. A1(A2) und B1 Frakturen
- in Narkose Anlage eines gespaltenen Oberschenkelgipses, Unterschenkelgips nach Abschwellung
- für 6 Wochen Entlastung
- nach 6 Wochen schrittweiser Belastungsaufbau
- Röntgenverlaufskontrollen
operative Therapie:
- entweder in den ersten 12 Stunden (bevorzugt) oder nach Abschwellen ca. 1 Woche später
- Rüdi und Allgöwer Prinzipien:
- Rekonstruktion des Wadenbeins, dann
- Rekonstruktion der Gelenkfläche, dann
- Spongiosaplastik metaphysärer Knochendefekte zur Abstützung der Gelenkfläche, dann
- mediale Plattenosteosynthese, um eine Varusdeformität zu vermeiden
- aufgrund hoher Komplikationsraten offener Interventionen Modifikationen:
- Reposition durch Zug (Calcaneus oder Fixateur extern)
- Ligamentotaxis
- perkutane Platteneinbringung
- Verzögerung des Eingriffes
- zweizeitiges Vorgehen mit temporärer Osteosynthese durch Fixateur extern
- Hybridfixierung: Fixateur + perkutane K-Draht oder Schraubenosteosynthese (hohe Rate an Pin/Draht- Infekten)
- gelenküberspannender Fixateur: starr oder mit Gelenk zur frühen Sprunggelenksmobilisation
- Zusammenfassung:
- signifikante Weichteilverletzung (Typ C): Hybridfixierung
- Operation erst nach 2 Wochen, wenn Schwellung zurückgegangen (keine Operation bei Schwellung, gespannter Haut, Spannungsblasen!!)
- im Intervall Fixateurruhigstellung und Reposition über Traktion
- Hochlagerung
- Kompressionspumpe
- leichte Weichteilbeeinträchtigung (Typ A & B):
- offene Reposition und Osteosynthese
Prognose / Komplikationen:
- schlechte Weichteildeckung:
- Wundheilungsstörungen bis zu 100%
- möglichst minimal invasive Osteosynthese und Schraubenosteosynthese
- eingeschobene Plattenosteosynthese oder Fixateur bei schlechten Weichteilverhältnissen
- Infektionsrate: 20%
- Pseudarthroserate: 20%
- hohe Inzidenz posttraumatischer Arthrose
- Modifikation der Operationstechnik, um strapazierten Weichteilmantel zu schonen
- OSG-Extension ggf. Schuhzurichtung mit Abrollhilfe
- Pseudarthroserate: ca. 5-10%
- Fehlstellung: Tendenz zur Varusfehlstellung
- Wundheilungsstörung
- posttraumatische Arthrose (Arthrodese)