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Notizbuch

Epiphysiolysis capitis femoris

Jungen : Mädchen=2 :1
- Risiko:

  • Adipositas
  • Schwarze
  • Jugendliche

- Inzidenz: 2 / 100 000
- beidseitig?

  • 20% initial beidseitig
  • 41% innerhalb von 2 Jahren beidseitig

- wahrscheinlich häufig unbemerkte Ausheilung
- Alter: 12-14 Jahre

Einteilung:

Anamnesedauer:
- akut: Anamnesedauer <2 Wochen- chronisch: Anamnesedauer > 2 Wochen- akut auf chronisch: Anamnesedauer > 2 Wochen mit akuter Verschlimmerung

Gehfähigkeit:
- stabil: gehfähig
- instabil: nicht gehfähig

Klinik / Diagnose:

- typischer Patient: dicker Junge mit schwarzer Hautfarbe
- Knieschmerz: beim Kind immer an eine Hüfterkrankung denken
- Hilton’s Gesetz: weil Nerven neben den motorischen Fasern auch bestimmte Hautareale versorgen, kommt es zum Phänomen der fortgeleiteten Schmerzen
- Drehmann-Zeichen: Hüftbeugung führt zu Außenrotation
- akut:

  • kurze Anamnesedauer (wenige Tage)
  • vergleichbar einer Salter Typ 1 Fraktur
  • nach Sportunfall oder Trauma plötzlich intensive Schmerzen
  • nicht gehfähig
  • keine Hinweise auf Remodelling im Röntgenbild (Abrundung der Metaphyse)

- chronisch:

  • leichte Beschwerden seit Wochen und Monaten
  • schleichender Beginn
  • gehfähig
  • Hinweis auf Remodelling im Röntgenbild (Abrundung der Metaphyse)

- akut auf chronisch:

  • leichte Hüft- oder Kniebeschwerden seit mehreren Wochen und Monaten
  • akute Verschlimmerung
  • oft relativ ausgeprägter Abrutsch

 

Abb. 4-21: Abbildung zeigt Bilder eines 14-jährigen Jungen mit einem Hüftkopfabrutsch: Klein’s Linie schneidet links nicht den Hüftkopf (A), Bestimmung des Abrutschwinkels in der LauensteinAufnahme (B), das MRT zeigt einen Abrutsch der Epiphyse nach media
Abb. 4-21: Abbildung zeigt Bilder eines 14-jährigen Jungen mit einem Hüftkopfabrutsch: Klein’s Linie schneidet links nicht den Hüftkopf (A), Bestimmung des Abrutschwinkels in der LauensteinAufnahme (B), das MRT zeigt einen Abrutsch der Epiphyse nach medial und dorsal (C-D)
Orthoforum

 

- Röntgen: AP und Lauenstein

  • Klein’s-Linie: in der AP-Aufnahme läuft beim Gesunden eine Linie an den Schenkelhals durch den Hüftkopf, beim Hüftkopfabrutsch nicht
  • Bloomberg’s Zeichen: in der AP Aufnahme Sklerosierung im epi-metaphysären Übergang aufgrund Doppelprojektion von Schenkelhals und verrutschter Epiphyse
  • Abrutschwinkel in der Lauensteinaufnahme, da Aufnahme nicht standardisiert nur geringe Reproduzierbarkeit

Therapie:

- Die Verschraubung eines Hüftkopfabrutschs ist kein Anfängereingriff
- akut:

  • umgehende perkutane Verschraubung
    • einzige Situation, in der durch einen erfahrenen Kinderorthopäden eine Reposition versucht werden kann, alle anderen Orthopäden und Unfallchirurgen sollten direkt verschrauben
    • da die Reposition eines chronischen Hüftkopfabrutsches mit erheblichen Komplikationen verbunden ist, sollte in jedem Fall gezielt nach Hinken bzw. leichten Hüft- und Knieschmerzen in den vergangenen Wochen und Monaten gefragt werden, um einen akuten, bei bestehendem chronischen, Abrutsch (akut auf chronisch) auszuschließen
      • Reposition:
        • Traktion mit gebeugtem Hüft und Kniegelenk für 1-2 Tage und dann Fixieren in der erreichten Reposition
        • Reposition ( Flexion, Abduktion & Innenrotation) in Narkose und Fixierung
        • avaskuläre Knochennekroserate bei Versuch einer Reposition: ca. 15%
  • perkutane Verschraubung
  • post-OP 2 Wochen Entlastung/Teilbelastung
  • alternativ K-Drahtfixierung beim jungen Patienten (3 -4 2mm K-Drähte)

- akut auf chronisch:

  • keine Reposition: hohe Gefahr der Hüftkopfnekrose
  • umgehende perkutane Verschraubung
  • post-OP: 2-6 Wochen Entlastung/Teilbelastung an 2 Unterarmgehstützen

- chronisch:

  • umgehende in-situ-Fixierung
  • keine Reposition
  • über 12-24 Monate schrittweise Besserung des Bewegungsumfangs

- Technik der Verschraubung:

  • Markieren des Eintrittsortes mit K-Draht auf der Haut und Bildverstärker
  • je ausgeprägter der Abrutsch, um so weiter anterior der Eintrittspunkt (Höhe Linea intertrochanterica bei signifikantem Abrutsch)
  • K-Draht unter Bildverstärker in AP und Lauenstein in das Zentrum des Hüftkopfes
  • Führungsdraht im rechten Winkel zur Epiphyse einbringen
  • nach Kontrolle fixieren mit einer kanülierten Schraube

 

Abb. 4-22: Hüftkopfverschraubung bei Epiphysiolysis capitis femoris (A-D). Abbildung D zeigt den anterioren Eintrittspunkt für die Schraube (D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 4-22: Hüftkopfverschraubung bei Epiphysiolysis capitis femoris (A-D). Abbildung D zeigt den anterioren Eintrittspunkt für die Schraube (D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

  • post-OP:
    • 2-6 Wochen Teilbelastung
  • Walters & Simon: wenn die Schraube nicht im Kopfzentrum liegt, dann ist eine Penetration durch den Knorpel möglich, auch wenn die Schraube beim Röntgen in beiden Ebenen nicht in das Gelenk reicht
  • Metallentfernung
    • schwierig
    • ausgedehnterer Zugang als für Verschraubung
    • individuelle Indikation (nach Verschluss der Epiphyse), im Zweifelsfall sollte die Metallentfernung unterbleiben
    • moderne Implantate erleichtern ME

 

Abb. 4-23: Hüftkopfnekrose: durch den Kollaps des Hüftkopfes reicht die Schraube in das Gelenk (A-B), intraartikuläre Lage der anterioren Verankerungsschraube (C,D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 4-23: Hüftkopfnekrose: durch den Kollaps des Hüftkopfes reicht die Schraube in das Gelenk (A-B), intraartikuläre Lage der anterioren Verankerungsschraube (C,D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

Abb. 4-24: Therapie einer Epiphysiolysis capitis femoris mit K-Draht Spickung (A). Abbildung B zeigt den Verschluss der Wachstumsfuge im Verlauf
Abb. 4-24: Therapie einer Epiphysiolysis capitis femoris mit K-Draht Spickung (A). Abbildung B zeigt den Verschluss der Wachstumsfuge im Verlauf
Orthoforum

 

- Soll beidseits verschraubt werden?

  • kontrovers
  • in ca. 20% sind initial beide Seiten betroffen, diese Patienten sollten natürlich beidseits verschraubt werden
  • von den restlichen 80% erleiden im Verlauf ca. 25% einen Abrutsch
  • für Kinder mit vernünftigen Eltern, die regelmäßige Verlaufskontrollen einhalten und sich umgehend bei Beschwerden vorstellen, muss die Gegenseite nicht prophylaktisch verschraubt werden
  • Vorteil einer beidseitigen Verschraubung besteht auch darin, dass es mit zunehmendem Wachstum zu keiner Beinlängendifferenz kommt

- klinisch & radiologisch Verlaufskontrolle nach 3, 6, 12 und 24 Monaten: Ausschluss einer Hüftkopfnekrose
- nach 1-2 Jahren Ausheilung:

  • Abrutsch > 50 Grad (Hefti) oder
  • <90 Grad Hüftbeugung & Außenrotationskontraktur (Wenger DR, Rang M)
  • dann Korrekturosteotomie:
    • subkapitale Keilosteotomie: aufgrund der hohen avaskulären Knochennekroserate nicht indiziert
    • Imhäuser Osteotomie: (Deutschland)
      • bei moderatem Abrutsch
      • intertrochantäre Flexions-, Rotations- und Valgisierungsosteotomie
      • Winkelplattenosteosynthese
    • Southwick: (USA)
      • 3-D Rekonstruktion
      • Flexion & Valgisierung
      •  Innenrotation des distalen Femurs, um Außenrotationsfehlstellung zu korrigieren
      • Winkelplattenosteosynthese
    • Osteotomie in akuter Phase: hohe Komplikationsrate

Komplikation / Prognose:

- avaskuläre Knochennekrose:

  • regelmäßige Verlaufskontrollen in den ersten 24 Monaten
  • häufig nach nicht indiziertem Repositionsversuch
  • Therapie:
    • Hüftkopfkollaps: penetriert die Schraube in das Gelenk: Metallentfernung
    • Entlastung/Teilbelastung an 2 Unterarmgehstützen
    • Krankengymnastik zum Erhalt der Beweglichkeit
    • ggf. Verbesserung des Containments durch varisierende Umstellung und/oder Salter Osteotomie
    • valgisierende Umstellung bei lateraler „Hinge Abduction“
    • ggf. Arthrodese oder Hüftprothese

- Chondrolyse:

  • meistens iatrogen durch permanente Penetration einer Schraube oder eines Fixierungsdrahts in das Gelenk
  • Therapie: Metallentfernung, CPM und Entlastung, ggf. später Hüftarthrodese
  • seltener bei verzögerter Diagnose eines Hüftkopfabrutsches: wahrscheinlich sekundär auf der Basis einer reaktiven entzündlichen Synovialitis

 

Abb. 4-25: Hüftkopfabrutsch (A), nach Imhäuser-Osteotomie (B), sekundäre Arthrose (C) und Implantation einer zementfreien Individualprothese (D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 4-25: Hüftkopfabrutsch (A), nach Imhäuser-Osteotomie (B), sekundäre Arthrose (C) und Implantation einer zementfreien Individualprothese (D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Arthrose:

  • Hüftkopfabrutsch ist eine präarthrotische Deformität (CAM Impingement)
  • nach 30 Jahren:
    • Abrutschwinkel von 40 Grad: 15% der Patienten
    • Abrutschwinkel von 60 Grad: 25% der Patienten

 

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