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Notizbuch

Operationstechniken zur weiten Tumorresektion bösartiger Tumore

Amputation

- Ultima ratio: der Trend geht heute zum Extremitätenerhalt

- sichere onkologische Resektion geht vor Extremitätenerhalt: ein Erhalt der Extremität ist nur gerechtfertigt, wenn der Tumor trotzdem weit entfernt werden kann

- Fore Quarter: Amputation des Arms einschließlich Scapula
- Stumpfaufbau: Stumpfrekonstruktion mit einer Tumorprothese

 

Abb. 8-2: Ausgedehnter Tumor im Bereich der linken Axilla (A-B). Fore Quarter Amputation (C)
Abb. 8-2: Ausgedehnter Tumor im Bereich der linken Axilla (A-B). Fore Quarter Amputation (C)
Orthoforum

 

Abb. 8-3: Stumpfaufbauplastik nach Resektion eines G3 Weichteilsarkoms (A,B), die Prothese (MUTARS, Implantatcast) wird mit einem Trevira-Schlauch bedeckt, um eine bessere Verankerung für die Weichteile zu schaffen
Abb. 8-3: Stumpfaufbauplastik nach Resektion eines G3 Weichteilsarkoms (A,B), die Prothese (MUTARS, Implantatcast) wird mit einem Trevira-Schlauch bedeckt, um eine bessere Verankerung für die Weichteile zu schaffen
Orthoforum

Tumorprothese

- Indikation:

  • bei jüngeren Kindern biologische Rekonstruktionen aufgrund des noch zu erwartenden Knochenwachstums und der resultierenden Längendifferenz (Umdrehplastik, Clavicula pro humero) bevorzugt
  • auch für Kinder unter 10 Jahren kann heute mit einer Wachstumsprothese eine prothetische Versorgung erfolgen
  • für Tumore des proximalen Humerus, des ganzen Humerus oder des distalen Humerus Methode der Wahl
Abb. 8-4: Trevira Schlauch erleichtert die Refixierung der Weichteile (Mit freundlicher Genehmigung der Firma Implantcast (Buxtehude))
Abb. 8-4: Trevira Schlauch erleichtert die Refixierung der Weichteile (Mit freundlicher Genehmigung der Firma Implantcast (Buxtehude))
Orthoforum

- keine übertriebenen Erwartungen in die postoperative Belastungsfähigkeit der Prothese wecken
- zementfreie oder zementierte Schaftverankerung
- eine zementfreie biologische Verankerung scheint beim jungen Patienten sinnvoll
- Stress-shielding: Atrophie des Knochens im prothesennahen Anteil des intramedullären Verankerungsschaftes
- entweder Oberflächenbeschichtung des Implantats oder Überzug mit einem Anbindungsschlauch (Dakron- oder Trevira®), um das Einwachsen der anliegenden Weichteile zu verbessern
- Modularität versus Custom Made (individuelle Anfertigung)

  • modulare Systeme gestatten die individuelle Anpassung an die intraoperativen Gegebenheiten und werden deswegen heute bevorzugt
  • Modular sind:
    • Prothesenlänge
    • Möglichkeit, die Prothese auszubauen, ohne den intramedullären Schaft zu entfernen
    • Antetorsionseinstellung am Hüftgelenk
    • Rotationseinstellung, wenn der Schaft einmal implantiert ist (distaler Femur)

- Kniegelenk:

  • geführte Systeme nötig, da die Bandansätze bei der Tumorresektion verloren gehen
  • Gelenke: Rotationsscharniergelenke (Kombination aus Scharniergelenk und rotierender Plattform) oder MUTARS Kugelscharnier
    • Vorteil Rotationsscharnier: Stress-Transfer auf das Implantat-Knochen-Interface und die Gelenkpaarung wird minimiert
    • Vorteil MUTARS Kugelscharnier: hohe Stabilität
  • intraartikuläre Resektion:
    • Gelenk wird eröffnet
    • bessere Weichteildeckung
    • Erhalt des Streckapparates möglich
  • extraartikuläre Resektion: Tumor ist in das Kniegelenk eingebrochen
    • das Gelenk wird bei der Tumorresektion nicht eröffnet
    • Tumor muss einschließlich der retropatellaren Gelenkfläche, der proximalen Tibia und des distalen Femurs entfernt werden
    • Weichteildeckung schwierig: Gastrocnemius-Schwenklappen, Muskelplastik unter Verwendung des Vastus lateralis und Bizeps, ggf. Spalthautdeckung
    • 6 Wochen Ruhigstellung in einem Oberschenkeltutor: Heilen der Rekonstruktion des Streckapparates

 

Abb. 8-5: Kotz-Wachstumsprothese (Howmedica) (A), die Prothese kann während des Wachstums mit einem Schraubenschlüssel verlängert werden (B-D)
Abb. 8-5: Kotz-Wachstumsprothese (Howmedica) (A), die Prothese kann während des Wachstums mit einem Schraubenschlüssel verlängert werden (B-D)
Orthoforum

 

- Hüftgelenk, proximaler Femur:

  • Vorteil der Versorgung mit einem bipolaren Kopf (keine Pfannenkomponente):
    • geringe Luxationsgefahr
    • Erhalt der acetabulären Knochensubstanz
  • es wird empfohlen, über die Tumorprothese des proximalen Femurs einen Anbindungsschlauch (Dakron- oder Trevira®) zu ziehen und diesen, mit Ankern im periacetabulären Knochen als Luxationssicherung zu fixieren
  • Alternative: geführte Pfannenkomponente
  • extraartikuläre Resektion notwendig, wenn der Tumor das Hüftgelenk infiltriert
    • Kombination einer Resektion des Acetabulums und Hüftverschiebeplastik: Hüftkopf der Prothese wird unter dem Os ilium eingestellt und dort mit einer TreviraSchlauch-Plastik fixiert
    • Weichteildeckung aufgrund Verkürzung der Extremität problemlos möglich
  • extraartikuläre Resektion mit einer Hüftverschiebeplastik: post-op 2-4 Wochen Bettruhe (bei Kindern gerne nur 2 Wochen)

 

Abb. 8-6: MOST-Tumorprothesensystem der Centerpulse Orthopedics Ltd. a Zimmer Company
Abb. 8-6: MOST-Tumorprothesensystem der Centerpulse Orthopedics Ltd. a Zimmer Company
Orthoforum

 

Abb. 8-7: MUTARS-Tumorprothese der Firma Implantcast (Buxtehude)
Abb. 8-7: MUTARS-Tumorprothese der Firma Implantcast (Buxtehude)
Orthoforum

 

- proximale Tibia:

  • der Ansatz der Patellasehne an der Tuberositas tibiae wird entfernt:
    • die Fixierung der Patellasehne am Implantat selbst wird nicht empfohlen, da ein Einwachsen der Sehne in die Implantatoberfläche unwahrscheinlich ist
    • Methode der Wahl: Anbindungsschlauch über Prothese dann Deckung mitGastrocnemius Schwenklappen. Die Patellasehne wird am Anbindungsschlauch und dem Muskellappen fixiert
    • Nachbehandlung: 4 Wochen Mecronschiene, ermöglicht Einheilen der Sehne

- Schultergelenk und proximaler Humerus:

  • Implantate haben geringeren Durchmesser, um Weichteildeckung zu erleichtern
  • Implantat wird mit einem Dakron- oder Trevira-Schlauch überzogen und dieser an der Scapula und dem Implantat fixiert , um eine Luxation zu vermeiden

 

Abb. 8-8: Osteosarkom des proximalen Humerus (A-B). Nach Resektion und Defektrekonstruktion mit einer Tumorprothese (C)
Abb. 8-8: Osteosarkom des proximalen Humerus (A-B). Nach Resektion und Defektrekonstruktion mit einer Tumorprothese (C)
Orthoforum

 

  • Rotatorenmanschette wird am Trevira-Schlauch refixiert
  • Defektrekonstruktion mit einer reversen Prothese ist eine Alternative(Humeruskopf ist die Prothesenpfanne und das Glenoid ist der Prothesenkopf)
    • reverse Prothese ermöglicht Abduktion des Arms durch Kontraktion des M. deltoideus
  • extraartikuläre Resektion: Tumor infiltriert das Schultergelenk
    •  Teilscapulektomie
    • ggf. totale Scapulektomie + proximale Humerusresektion und Refixierung des proximalen Humerusersatzes an der Thoraxwand (Tikhoff Linberg Operation)
    • der M. subscapularis schützt das Gefäß-Nerven-Bündel vor einer Infiltration durch den Tumor, so dass in den meisten Fällen ein Erhalt der Extremität möglich ist
    • Infiltration der Thoraxwand: selten, klinisch zeigt sich ein Verlust der Verschiebbarkeit der Scapula

 

Abb. 8-9: Tikhoff Linberg Operation (C) nach exraartikulärer Resektion eines Osteosarkoms (A-B)
Abb. 8-9: Tikhoff Linberg Operation (C) nach exraartikulärer Resektion eines Osteosarkoms (A-B)
Orthoforum

 

  • Rehabilitation: 6 Wochen Gilchrist Ruhigstellung

- Komplikationen / Nachteile:

  • Infektion: 5-10% nach Tumorendoprothesenimplantation
    • perioperative und postoperative Antibiotikaprophylaxe für 5 Tage
    • Silberbeschichtung: Implantatbeschichtungen können das Infektionsrisiko senken
    • gute spannungsfreie Weichteildeckung ist essentiell, um Wundheilungsstörungen zu vermeiden
  • Wundheilungsstörung:
    • aufgrund prä- und postoperativer Chemotherapie besteht eine Prädisposition für eine Wundheilungsstörung
    • adäquate Weichteildeckung ist wichtig
      Operation nur, wenn mindestens 2000 Leukozyten /mm3 im Blut
    • Verschleiß und Lockerung: >10% aller Tumorprothesen zeigen nach 5 Jahren eine aseptische Lockerung
    • Bei jungen Patienten (< 20 Jahre) mit Tumorprothese besteht die Gefahr, dass nach mehreren Wechseloperationen in fortgeschrittenem Alter Salvage-Operationen (Umdrehplastik oder Amputation) notwendig werden
  • zunehmende Beinlängendifferenz bei Verwendung einer Tumorprothese im Wachstumsalter:
    • Tumorprothese nicht vor dem 10. Lebensjahr
    • Wachstumsprothese mit Verlängerungsmodul: selbstständige Verlängerung aktiviert über die Kniebeugung oder chirurgische Verlängerung
  • hohe Implantatkosten

- Salvage bei Versagen einer Tumorprothese: Umkehrplastik

Umkehrplastik
Abb. 8-10: Nach einer Umkehrplastik fungiert das Sprunggelenk als Kniegelenk (A-B)
Abb. 8-10: Nach einer Umkehrplastik fungiert das Sprunggelenk als Kniegelenk (A-B)
Orthoforum

 

Abb. 8-11: 9-jähriges Mädchen: Zustand nach einer A1-Umkehrplastik bei einem Osteosarkom des distalen Femurs
Abb. 8-11: 9-jähriges Mädchen: Zustand nach einer A1-Umkehrplastik bei einem Osteosarkom des distalen Femurs
Orthoforum

 

Abb. 8-12: Osteosarkom des distalen Femurs (A-C). Zustand nach einer A1-Umdrehplastik (D)
Abb. 8-12: Osteosarkom des distalen Femurs (A-C). Zustand nach einer A1-Umdrehplastik (D)
Orthoforum

 

- Entfernung von Teilen des Femurs oder Tibia und Rekonstruktion des Kniegelenks durch das um 180 Grad gedrehte Sprunggelenk
- Voraussetzung für eine Umdrehplastik ist, dass der Nervus ischiadicus nicht vom Tumor infiltriert ist

  • Nervus ischiadicus ist verantwortlich für Fußhebung und –senkung, nach einer Umdrehplastik für Kniebeugung und –streckung
  • auch bei großen Tumoren ist der Nervus ischiadicus meist durch eine Fettgewebsschicht vom Tumor getrennt, so dass nahezu immer eine Umdrehplastik möglich ist
  • Gefäßinfiltration: Indikation für die Umkehrplastik

- von Prof. W. Winkelmann in Münster systematisiert:

  • Typ A1: Resektion des distalen Femurs, Rotation der distalen Extremität und Verbindung von proximalem Femur und proximaler Tibia über eine Winkelplatte
    • entspricht der von Borggreve beschriebenen Umkehrplastik
    • Gefäßanastomose zwischen A. & V. femoralis und A. & V. poplitea
    • Post-Op:
      • übungs-, nicht belastungsstabil
      • ab 8. Woche Versorgung mit Interimsprothese
    • Komplikationen:
      • Rotationsfehler: Prothesenversorgung erschwert
      • Durchblutungsstörung
      • Kompartment Syndrom
  • Typ A2: Resektion der proximalen 2/3 der Tibia und des distalen 1/3 des Femurs, Rotation der distalen Extremität um 180 Grad und Verbindung des distalen Femurs mit der distalen Tibia

 

Abb. 8-13: B1 Umkehrplastik (Eigentum des Insituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-13: B1 Umkehrplastik (Eigentum des Insituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum
  • Problem:
    • Anastomose mit den drei distalen Unterschenkelgefäßen (V.& A. tibialis post., V.&A. tibialis anterior und V. & A. fibularis) ist schwierig, deswegen müssen neben dem Nervus ischiadicus auch die Gefäße erhalten werden
    • aus diesem Grund ist eine ausgedehnte dorsale Tumorkomponente eine Kontraindikation für eine A2 Umkehrplastik
  • Komplikationen und post-OP Protokoll: siehe oben
  • Typ B1: Resektion des proximalen Femurs, Rotation der distalen Extremität um 180 Grad und Fixierung des distalen Femurs im Acetabulum
    • Voraussetzung: keine Infiltration des Hüftgelenks
    • das Kniegelenk fungiert postoperativ als Hüftgelenk, das Sprunggelenk als Kniegelenk
    • Hüftbeugung bis 70 Grad möglich
    • das distale Femur muss der Darmbeinschaufel angepasst werden, sonst
      droht Rotationsfehlstellung
    • post-Op: Beckenbeingips
  • Typ B2: extraartikuläre Resektion des proximalen Femurs mit Teilresektion des Beckens, Rotation der distalen Extremität und Refixierung des distalen Femurs am verbleibenden Os ilium
    • das distale Femur muss der Darmbeinschaufel angepasst werden, sonst droht Rotationsfehlstellung
    • post-OP: Beckenbeingips
  • Typ B3a: Entfernung des Femurs, Rotation der distalen Extremität und Einstellen des lateralen Tibiaplateaus in der Hüftpfanne
    • im Kindesalter
    • laterales Tibiaplateau entwickelt sich zu einem Hüftkopf „Neohüftkopf“
    • Hüftkapsel und Kniegelenkskapsel werden vernäht
    • post-OP: Beckenbeingips
  • Typ B3b: Entfernung des Femurs, Rotation der distalen Extremität und Implantation eines Hüftprothesenschaftes in die proximale Tibia und einer Hüftpfanne in das Acetabulum
    • ältere Patienten, ohne Remodellierungspotential der proximalen Fibia
    • post-OP: Beckenbeingips

In Deutschland werden heute fast ausnahmslos nur die A1, B3A und B3b Umkehrplastiken durchgeführt

- Vorteile der Umdrehplastik:

  • bessere Funktion als nach Tumorprothesenversorgung (Sport)
  • dauerhafte Rekonstruktion: im Gegensatz zur Endoprothese ist nach erfolgreicher Umdrehplastik mit keiner weiteren Operation zu rechnen
  • kein Phantomschmerz
  • exzellente Propriozeption, da Fuß weiter Schnittstelle zum Untergrund

- Nachteil:

  • für Patienten in der 2. Lebensdekade eine psychische Belastung
  • Vorteile einer belastungsfähigen Rekonstruktion, die keiner weiteren Operation bedarf, vor Augen geführt! gewöhnt sich Patient relativ schnell an das Erscheinungsbild
  • es macht keinen Sinn, einen Patienten oder seine Eltern bei schwerwiegenden persönlichen, ethnischen oder religiösen Gründen zu einer Umdrehplastik zu überreden
  • Empfehlung: persönlichen Kontakt zu einem Patienten mit einer Umkehrplastik herstellen

Bone Transport:

- Technik nach Ilisarov
- Sonderform: Auseinanderziehen der noch offenen Wachstumsfuge
- Indikation:

  • dia- und metaphysäre Tumore, die nicht in die Epiphyse eingedrungen sind
  • Osteotomie und Bone-Transport

- hohe Komplikationsrate:

  • postoperative Chemotherapie hemmt die Kallusbildung
  • eingeschränkte Weichteildeckung erhöht Gefahr einer Infektion und verringert die Kallusbildung
  • Pininfektionen können bei eingeschränkter Abwehr zu einer tiefen Knocheninfektion führen
  • im Bereich der Dockingstelle bleibt eine knöcherne Konsolidierung in der Regel aus: zweite Operation (Spongiosaplastik) notwendig

- Kallotasis gewinnt bei der Tumorrekonstruktion an der Tibia zunehmend ann Bedeutung Zementspacer bis Abschluss der Chemotherapie, dann Kallotasis

 

Abb. 8-14: Chondrosarkom des proximalen Humerus (A-B), intraoperatives Bild nach Rekonstruktion mit einem strukturellen Allograft (C). Postoperatives Röntgenbild: der Markraum ist mit PalacosZement aufgefüllt (D)
Abb. 8-14: Chondrosarkom des proximalen Humerus (A-B), intraoperatives Bild nach Rekonstruktion mit einem strukturellen Allograft (C). Postoperatives Röntgenbild: der Markraum ist mit PalacosZement aufgefüllt (D)
Orthoforum

Allograftrekonstruktion:

- in Deutschland werden Allograftknochen in der Regel bestrahlt, und zur Lagerung tief gefroren
- nach der Rekonstruktion wächst körpereigener Knochen in die Matrix des Fremdknochens ein
- dem Fremdknochen fehlt nach der Bestrahlung organische Substanz und Osteoblasten, so dass er nicht die Möglichkeit hat, sich einer zunehmenden Belastung anzupassen: erhöhtes Frakturrisiko in der unteren Extremität
- aufgrund der fehlenden Durchblutung hohe Gefahr einer bakteriellen Kontamination und Infektion
- Lösungsmöglichkeiten:

  • Intercalary Allograft:
    • in den Fremdknochen wird ein autologes gefäßgestieltes Wadenbein interponiert
    • Plattenosteosynthese
    • aufgrund der guten Ergebnisse der Tumorendoprothetik heute nur zur Rekonstruktion diaphysärer Knochendefekte indiziert

 

Abb. 8-15: Parossales Osteosarkom des distalen Femurs (A), nach der Tumorresektion erfolgte die Defektrekonstruktion mit einer Allografthalbschale und einer autologen Fibula (B-C)
Abb. 8-15: Parossales Osteosarkom des distalen Femurs (A), nach der Tumorresektion erfolgte die Defektrekonstruktion mit einer Allografthalbschale und einer autologen Fibula (B-C)
Orthoforum

 

 

Abb. 8-16: Allograft-Composite-Prothese. (Eigentum des Insituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-16: Allograft-Composite-Prothese. (Eigentum des Insituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum
  • Knochenzement:
    • Verstärkung des Fremdknochens durch intramedullären Knochenzement und Plattenosteosynthese
    • Indikation: obere Extremität (proximaler Humerus)
  • Marknagel:
    • Methode der Wahl für die Kniegelenksarthrodese mit Fremdknochen
    • indiziert nach extraartikulärer Tumorresektion im Bereich des Kniegelenks mit Verlust des Streckapparates
  • Allograft Composite Prothese:
    • in den Allograft wird eine Prothese eingepasst und zementiert
    • die Prothese wird dann im verbleibenden Knochen fixiert: z. Bsp. proximales Femur

- Indikation für Fremdknochen heute:

  • diaphysärer Knochendefekt in Kombination mit einem gefäßgestielten Wadenbein als intercalary Allograft
  • obere Extremität: verstärkt durch intramedullären Knochenzement und Plattenosteosynthese
  • Kniegelenk: Marknagelarthrodese nach extraartikulärer Resektion mit Verlust des Streckapparates

- Komplikationsrate ist selbst bei strenger Indikationsstellung an der unteren Extremität hoch

Clavicula pro humero:

- Ersatz des proximalen Humerus nach extraartikulärer Resektion im Kindesalter
- Schlüsselbein wird aus dem Sternoclaviculargelenk gelöst und nach Durchtrennen der Bänder (M. subclavius, Lig. costoclavicularis, Platysma, M. sternocleidomastoideus) nach lateral geschwenkt

 

Abb. 8-17: Osteosarkom des proximalen Humerus (A), nach der Tumorresektion wird der Defekt mit einer Clavicula pro humero rekonstruiert (B-C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-17: Osteosarkom des proximalen Humerus (A), nach der Tumorresektion wird der Defekt mit einer Clavicula pro humero rekonstruiert (B-C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Proc. coracoideus wird an der Basis abgetragen, um das Herumschwenken der Clavicula zu ermöglichen
- Osteosynthese mit Spezialplatte (Kontur des Schlüsselbeins nachempfunden)
- Spongiosaplastik verringert Pseudarthrosegefahr
- Post-op: 3 Monate Thoraxabduktionsgips auch bei stabiler Osteosynthese
- Komplikationen:

  • Versagen der Osteosynthese
  • Fraktur
  • Pseudarthrose
  • ggf. Rückzug zu Tumorprothese möglich

autologe Knochentransplantation:

- Transfer eines gefäßgestielten Wadenbeins
- Indikation:

  • Rekonstruktion von Defekten an der oberen Extremität: Radius, Ulna und Humerusdiaphyse
  • untere Extremität nur als Kombination mit einem Allograft als intercalary-Allograft für diaphysäre Knochendefekte

- Osteosynthese: Plattenosteosynthese
- Vorteil:

  • keine Abstoßungsreaktion
  • keine Infektübertragung
  • Anpassung an Belastung möglich (Knochenhypertrophie)

 

Abb. 8-18: Defektrekonstruktion mit einer autologen Fibula: Femurdiaphyse (A), Ulnadiaphyse (B), Tibiadiaphyse (C) und Humerusdiaphyse (D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-18: Defektrekonstruktion mit einer autologen Fibula: Femurdiaphyse (A), Ulnadiaphyse (B), Tibiadiaphyse (C) und Humerusdiaphyse (D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

Abb. 8-19: Defektrekonstruktion mit einer gefäßgestielten Fibula (A), Hypertrophie des Transplantates (B) und funktionelles Ergebnis (C-D) 3 Jahre nach der Operation (A,B: Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-19: Defektrekonstruktion mit einer gefäßgestielten Fibula (A), Hypertrophie des Transplantates (B) und funktionelles Ergebnis (C-D) 3 Jahre nach der Operation (A,B: Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Nachteil / Komplikationen:

  • Transplantatbruch in bis zu 20% der Fälle (untere Extremität)
  • Pseudarthrose im Bereich der Andockstelle (primäre Spongiosaplastik empfohlen)
  • Fibulakopfnekrose (wenn Fibula Gelenkpartner in der oberen Extremität)
  • langwierige Einheilung und Hypertrophie (spricht gegen Anwendung beim älteren Menschen)
  • Komplikationen an Entnahmestelle:
    • Peroneusparese
    • Hämatom

Beckenteilresektionen:

- Os sacrum:

  • trotz einseitiger Verletzung der sakralen Nervenwurzeln oft Erhalt der Blasen- und Mastdarmfunktion
  • überschreitet der Tumor die Mittellinie, ist er nicht mehr weit resezierbar
  • Arteria iliaca communis verläuft unmittelbar vor der Pars lateralis des Os sacrum: hat der Tumor hier eine extraossäre Komponente, ist das Gefäß wahrscheinlich infiltriert
  • Gefäß-Nerven-Bündel liegt medial der ISG Fuge: Tumor, der die ISG Fuge respektiert, infiltriert nicht das Gefäß-Nerven-Bündel

- Plexus sacralis: bei Veränderung der Motorik und Sensibilität im Versorgungsgebiet des N. femoralis oder ischiadicus ist eine Nerveninfiltration oder – verschiebung wahrscheinlich
- Foramen ischiadicum: Erhalt der A. glutea superior ( über dem M. piriformis) und des N. ischiadicus (unter dem M. piriformis), denn beide sind entscheidend für den Erfolg einer Beckenteilresektion

- Einteilung:

  • klassische Hemipelvektomie: Amputation des Beins und Beckens (Hindquarter Amputation)
  • ausgedehnte (extended) Hemipelvektomie: Entfernung des Beckens unter Mitnahme von Teilen des Os sacrum
  • modifizierte Hemipelvektomie: Entfernung des Beckens unter Erhalt von Teilen des Os iliums
  • innere Hemipelvektomie: Entfernung von Teilen oder des ganzen Os ilium ohne Amputation der Extremität
  • Enneking-Einteilung:
    • P1 Resektion: Resektion von Teilen des Os ilium und des ISG bis oberhalb des Acetabulums
      • P1a: keine Unterbrechung der Kontinuität des Beckenrings
      • P1b: mit Unterbrechnung des Beckenrings
    • P2 Resektion: Resektion des Acetabulums von der Spina iliaca anterior inferior bis zur Incisura ischiadica
    • P3 Resektion: Resektion des Schambeins
    • P4 Resektion: Massa lateralis des Os sacrum wird teilweise mit entfernt

 

Abb. 8-20: P1b Resektion eines Chondrosarkoms des Os iliums (A,B) und Überbrückung des Defekts mit einem strukturellen Allograft (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-20: P1b Resektion eines Chondrosarkoms des Os iliums (A,B) und Überbrückung des Defekts mit einem strukturellen Allograft (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

Abb. 8-21: Defektrekonstruktion nach einer P1b Resektion durch Fixierung des Acetabulums am Os sacrum (A). Zustand nach einer P4 Resektion: Verschiebung des verbleibenden Os iliums ohne Osteosynthese (B). Beispiel für eine P3 Resektion des Schambeins (C)
Abb. 8-21: Defektrekonstruktion nach einer P1b Resektion durch Fixierung des Acetabulums am Os sacrum (A). Zustand nach einer P4 Resektion: Verschiebung des verbleibenden Os iliums ohne Osteosynthese (B). Beispiel für eine P3 Resektion des Schambeins (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

Abb. 8-22: Zustand nach P1, P2 Resektion bei einem Kleinkind, Defektrekonstruktion mit einer umgedrehten Allografttibia (A). Hüftverschiebeplastik nach einer extraartikulären (B) und intraartikulären (C) P2, P3 Resektion (Eigentum des Instituts für Klinis
Abb. 8-22: Zustand nach P1, P2 Resektion bei einem Kleinkind, Defektrekonstruktion mit einer umgedrehten Allografttibia (A). Hüftverschiebeplastik nach einer extraartikulären (B) und intraartikulären (C) P2, P3 Resektion (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

Abb. 8-23: Defektrekonstruktion mit einem Beckenteilersatz (A-C) (Mit freundlicher Genehmigung der Firma Implantcast)
Abb. 8-23: Defektrekonstruktion mit einem Beckenteilersatz (A-C) (Mit freundlicher Genehmigung der Firma Implantcast)
Orthoforum

 

  • äußere Hemipelvektomie: Beckenteilresektion mit Amputation des Beins

- prä-op:

  • Ureterschienung
  • D-Dimer Test (Hinweis auf Thrombose)
  • Darmpräparation

 

Abb. 8-24: Infektion nach Beckenteilersatz und Wirbelkörperresektion (A). (Eigentum des Insituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 8-24: Infektion nach Beckenteilersatz und Wirbelkörperresektion (A). (Eigentum des Insituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

- Zugang: nach Enneking

  • Biopsien des Beckens sollten ohne Kontamination der Gefäß-Nerven-Bündel entlang des Enneking-Zugangs erfolgen
  • Zugang verläuft von der Spina iliaca posterior inferior entlang der Crista iliaca zur Spina iliaca anterior superior und nimmt dann zwei mögliche Verläufe:
  • entlang des Leistenbandes und des Schambeins
  • distal über den ventralen Oberschenkel und dann nach lateral
  • Tumore, die auf das Os pubis oder ischium beschränkt sind, können von medial des Gefäß- Nervenbündels biopsiert werden

- Rekonstruktion:

  • Hüftverschiebeplastik:
    • Hüftkopf oder Tumorprothese werden unter dem verbleibenden Os ilium eingestellt und hier mit einem Dakron- oder Trevira-Schlauch und Fadenankern fixiert
    • post-OP: 6 Wochen Bettruhe
  • Beckenteilersatz:
    • hohe Komplikationsrate (Lockerung: bis zu 100%, Infektion: 30%)
    • nur noch als Sockelpfanne, die im Bereich der Linea arcuata in das Ilium eingeschlagen wird, zu empfehlen
    • Indikation: P2 Resektion
  • Pedikelschraubensystem
    • wie bei dorsaler Spondylodese kann zur Rekonstruktion nach einer P1b Resektionen ein Stab verwendet werden, der im Acetabulum und Sakrum mit Pedikelschrauben fixiert wird
    • ggf. Augmentation mit einer autologen Fibula
  • Fremdknochen: hohe Komplikationsrate (Infektion) nicht mehr zu empfehlen
  • iIiofemorale Arthrodese:
    • Pseudarthroserate 50%
    • heute Trend zur Hüftverschiebeplastik mit primärer Pseudarthrose
  • autoklavieren des tumorenthaltenden Beckenknochens und Osteosynthese: keine Langzeitergebnisse
  • Sattelprothese:
    • alternative Versorgung nach P2 Resektion
    • ältere Patienten, bei jüngeren Patienten besteht Gefahr der Migration

Funktionsbeurteilung:

- zur Beurteilung der Tumoren ist der Musculosceletal Tumor Society (MSTS) Score
etabliert: 0-5 Punkte in den Kategorien

  • obere Extremität:
    • (1) Schmerz
    • (2)subjektive Zufriedenheit
    • (3) Beschäftigungsfähigkeit / Behinderung
    • (4) Positionierung der Hand
    • (5) Handfunktion / Gefühl
    • (6) Heben von Gewicht
  • untere Extremität:
    • (1) Schmerz
    • (2)subjektive Zufriedenheit
    • (3) Beschäftigungsfähigkeit / Behinderung
    • (4) Verwendung von Gehhilfen
    • (5) Gehstrecke
    • (6) Gangbild / Hinken

- Toronto Extremity Salvage Score (TESS)
- EORTC QLQ-C30: 30 Fragen zur Lebensqualität
- SF 36 Score: Beurteilung des allgemeinen Gesundheitszustandes

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