Das patellofemorale Gleitlager / vorderer Knieschmerz
- Differentialdiagnose:
- Arthrose der retropatellaren Gelenkflächen
- Patellainstabilität
- Lateralisation der Patella mit Überlastung der lateralen Facette
- Knorpeldefekt
- Ansatztendinose der Patellasehne
- Plica-Syndrom
- symptomatische Patella bipartita
- Meniskusriss
- der Begriff der Chondropathia patellae ist unspezifisch und sollte nicht verwendet werden
- Sportler:
- Überlastung des Patellofemoralgelenks bei falsch orientiertem Streckapparat führt zu Schmerzen, Reizung, Knorpelveränderungen, Reizung der Retinakula und Synovialitis
- direktes Trauma
Diagnose:
- Kniegelenksstellung (Genu varum / Genu valgum): Untersuchung im Stand
- Q-Winkel ist der Winkel zwischen Spina iliaca anterior superior - Patellamitte (Quadrizepszugrichtung)und Patellamitte - Tuberositas tibiae (Verlauf Patellasehne)
- Normwerte: Mann <10°, Frau: <20° (15-20º grenzwertig, >20º pathologisch)
- Hüftrotation, Quadrizepsfunktion und Quadrizepsatrophie
- Pronation des Fußes beim Gehen?
- Kniegelenksuntersuchung, retropatellarer Krepitus
- Palpation: Schmerz, Hypersensitivität
- mediale Patellainstabilität bei vorhergehender Operation?
- Röntgen:
- Kniegelenk AP & seitlich, Patella tangential bei 30 Grad Beugung, Achsenstandaufnahme
- Patella tangential im Stehen mit 45 Grad gebeugtem Knie nach Baldini (bessere Korrelation mit klinischen Beschwerden)
- Rosenberg-Aufnahme: besonders dorsale Anteile der Kondylen und Notchosteophyten beurteilbar (PA Aufnahme in 45 Grad Kniebeugung)
- MRT
Plica-Syndrom:
- normale Synovialisfalte
- wird selten durch Trauma oder Überlastung (Radfahren, Laufen) symptomatisch
- 75% mediale Plica:
- verläuft von mediosuprapatellar schräg nach unten zum infrapatellaren Fettkörper
- Entzündung und narbige Verdickung führen zur Irritation des medialen Femurkondylus und zu resultierenden Knorpelveränderungen
- Klinik:
- Schmerzen über dem medialen Femurkondylus
- Schnappen zwischen 50 und 70 Grad Flexion
- Bildgebung: in der Regel ist eine Plica im MRT darstellbar
- Therapie:
- konservativ:
- Patella Mobilisation, Querfriktion, Dehnung der Ischiokruralen, des Quadrizeps und des Gastrocnemius
- NSAR
- lokale Infiltration
- selten Operation nötig:
- arthroskopische Resektion
- häufig wird Diagnose Plica Syndrom vorschnell gestellt: eine umsichtige Indikationsstellung ist erforderlich
„Jumpers-Knie“ Ansatztendinose der Patellasehne:
- vorderer Knieschmerz und Druckschmerz im Ansatzbereich der Patellasehne an der Kniescheibe
- Therapie:
- konservativ:
- initial:
- Ruhe & Sportpause (umso länger, je länger die Anamnesedauer)
- lokale Injektion unter den Sehnenansatz mit einem Lokalanästhetikum mit Steroidzusatz (1-2 Mal, nicht in die Sehne, ggf. unter Ultraschallkontrolle)
- NSAR
- nach 1- 4 Wochen:
- Dehnung der Quadrizepsmuskulatur (oft relative Verkürzung, Knieflexion in Bauchlage: Abstand zum Gesäß vergrößert)
- ggf. Nadelung des distalen Patellapols und des Sehnenansatzes, um Einblutung und Reparaturmechanismen zu induzieren
- Propriozeptionstraining
- nach 2-6 Wochen:
- Trainingsbeginn: Joggen
- schrittweiser Belastungsaufbau
- systematische Dehnungsübung
- Kühlung nach Belastung
- Operation nur, wenn konservative Therapie versagt
- initial:
- operative Therapie:
- viele verschiedene Verfahren beschrieben; alle haben angeblich eine ca. 80%ige Erfolgsrate, jedoch sind diese Ergebnisse in der klinischen Praxis eher nicht nachvollziehbar
- Beispiele:
- offene Tenotomie & Débridement des Knochenansatzes
- Ultraschallgesteuerte perkutane longitudinale Tenotomie
- Resektion des distalen Patellapols
- Spongiosaplastik des distalen Patellapols etc.
Hoffa-Syndrom:
- 1904 von Hoffa erstmals beschrieben
- der Hoffasche Fettkörper ist ein gut innerviertes Fettkissen distal der Patella
- Klinik: Anamnese, Schmerzlinderung nach lokaler Injektion mit Lokalanästhetikum
- Therapie:
- NSAR
- Mobilisation der Patella und Dehnung der Quadrizepsmuskulatur
- selten Operationsindikation
Patella bipartita:
- Verknöcherung der Patella: 3.-5. Lebensjahr
- akzessorisches Ossifikationszentrum am häufigsten im Bereich des superolateralen Patella-randes
- Bildgebung: sowohl im Röntgen als auch im MRT sichtbar, Abgrenzung Fraktur:
- keine scharfen Frakturkanten
- MRT: nur geringes Knochenödem
- Klinik: Druckempfindlichkeit über dem superolateralen Patellapol
- Therapie:
- konservativ:
- NSAR
- Mobilisation der Patella
- Dehnung der Quadrizepsmuskulatur
- ggf. operative Entfernung des akzessorischen
Ossifikationszentrums oder arthroskopisches Release des Vastus lateralis im Ansatzbereich
idiopathischer Knieschmerz
- wenn trotz umfangreicher Abklärung beim jungen Patienten keine Ursache gefunden wird
- meistens beidseitig
- Schmerzen werden in der Regel auf die Region um das Lig. patellae projiziert
- MRT kann helfen, andere Ursachen auszuschließen, wird nicht als Routineverfahren eingesetzt
- Therapie:
- konservativ: Mobilisation der Patella, Dehnung der Quadrizepsmuskulatur, Muskelaufbau, physikalische Therapiemaßnahmen
- da hohe Rate an spontaner Besserung keine Operationsindikation, „Kopfschmerz des Kniegelenks“
- Aufklärung des Patienten und seiner Familie über Prognose
Differentialdiagnose:
- Erkrankungen des Hüftgelenks:
- Epiphysiolysis capitis femoris
- Morbus Perthes
- Tumor
- bei Knieschmerz im Kindes- und Jugendalter immer Untersuchung der Hüfte; bei unauffälligem Röntgenbildern des Knies immer Röntgenbild der Hüfte
- Morbus Osgood-Schlatter & Morbus Sinding-Larsen-Johansson
- Fehlstellung: vermehrte femorale Anteversion führt zu Kombination aus
- Innenrotation der Tibia
- Genu valgum und
- Pes planovalgus
- rheumatoide Arthritis
- M. Sudeck