Osteonekrose des Hüftkopfes
- Synonym: avaskuläre Knochennekrose
- Altersgipfel: 20.-50. Lebensjahr
- in den USA werden 5 % aller Hüftendoprothesen aufgrund einer Osteonekrose des Hüftkopfes implantiert
- Ätiologie:
- systemische Kortisoneinnahme
endogen - Trauma (Schenkelhalsfraktur)
- Alkoholismus
- Antiphospholipid Antikörper
- Morbus Gaucher
- Caisson Krankheit
- renale Osteodystrophie
- Sichelzellanämie
- Verstärkte Gerinnungsneigung:
- Protein C – Defizit
- Protein S – Defizit
- Antithrombin 3 – Defizit
- Lupus Antikoagulant: positiv
- Faktor V Leiden: positiv
- Prothrombin G20210A Mutation
- Zuviel: Homozystein, Lipoprotein (a), Anticardiolipin Antikörper, Faktor 8, Faktor 9, Faktor 10
- AIDS (retrovirale Medikamente)
- Gicht
- Leukämie
- häufig unklare Ursache: idiopathisch
- die exakte Pathogenese ist unklar:
- die meisten Menschen, die einer Noxe (Alkohol, Kortison) ausgesetzt sind, entwickeln keine Hüftkopfnekrose
- andererseits erkranken auch Menschen ohne Risikofaktoren an einer idiopathischen Hüftkopfnekrose
- multifaktorielle Ätiologie
Einteilung:
Ficat und Arlet
Stadium | Symptome | Röntgenbild | Knochenszintigrafie | MRT |
1 | keine/ gering | normal | vermindertes uptake (cold spot) | positiv (STIR) |
2 | gering | Veränderung der Röntgendichte im Bereich des Hüftkopfes | Mehranreicherung | positiv |
2A | gering | Zysten und Sklerose, normaler Gelenkspalt, normale Kontur | Mehranreicherung | positiv |
2B | gering | Sichelzeichen | Mehranreicherung | positiv |
3B | moderat | Kollaps der Gelenkfläche | Mehranreicherung | positiv |
4 | moderat bis schwer | Beteiligung des Acetabulums, Gelenkspaltverschmälerung | Mehranreicherung | positiv |
- wichtig Unterteilung zwischen Stadium 2A und 2B: das Sichelzeichen ist ein Hinweis auf einen subchondralen Knocheneinbruch und damit auf eine irreparable Schädigung des Hüftkopfes
University of Pennsylvenia Staging System: weniger gebräuchlich
- Stadium 1-6
- Stadium 1: normal
- Stadium 2: Sklerose
- Stadium 3: Sichelzeichen
- Stadium 4: Kollaps
- Stadium 5: geringe Arthrose
- Stadium 6: schwere Arthrose
- berücksichtig zusätzlich die Größe der Läsion (A = klein, B = mittel, C = groß)
Diagnose / Klinik:
- zum Zeitpunkt des Krankheitsbeginns häufig asymptomatisch
- Leistenschmerz, Schmerzhinken
- Bewegungseinschränkung: zu Beginn meist die Innenrotation
- Knochenszintigrafie: in der initialen Phase verminderte Kontrastmittelaufnahme
- Röntgen: AP und Lauenstein
- Kerboul Winkel: Winkel, der den Anteil der Nekrose am gesamten Hüftkopf beschreibt, es wird die Summe aus AP und seitlicher Aufnahme gebildet (Kerboul Winkel > 200 Grad prognostisch ungünstig)
- MRT:
- Ausschluss eines Befalls der Gegenseite
- Differentialdiagnose: transiente Osteoporose, Knochenkontusion („bone bruise“) nach Trauma
Therapie:
- Reduktion der Belastung (Ent- oder Teilbelastung an Gehstützen) hat keinen Einfluss auf das Ergebnis
- Anbohrung (Core Decompression)
- Indikation: bis Ficat 2A (Methode der Wahl) und Kerboul Winkel < 200 Grad
- Mechanismus: entlastet den Druck, verbessert die Durchblutung
- Knochentransplantat: nicht gefäßgestielt
- Mechanismus: Entfernung des nekrotischen Knochens und Ersatz mit einem autologen Graft (Wadenbein, Beckenkamm)
- 90 % Erfolgsrate bei Ficat Stadium 1 und 2
- In Deutschland nicht die Methode der Wahl
- gefäßgestieltes Wadenbein:
- Mechanismus: rekonstruiert das subchondrale Knochenlager und verbessert die Gefäßversorgung
- technisch anspruchsvoll und zeitintensiv
- Erfolgsrate: nach 5 Jahren
- bis zu 80 % bei kleineren Läsionen mit Sichelzeichen (Ficat 2B)
- ca. 70 % bei kleineren Läsionen mit Hinweis auf Kollaps des Kopfes (Ficat 3)
- als einziges Verfahren im Einzelfall auch bei Ficat Stadium 2B und 3 einsetzbar, jedoch kontrovers (in Deutschland kaum angewandt)
- Umstellungsosteotomie:
- Indikation:
- Ficat 1-2, bei Beteiligung von bis zu 30 % des Kopfes auch bei Ficat 3
- Kerboul Winkel < 200 Grad
- intertrochantäre Umstellung: 67% gute Ergebnisse nach 2 Jahren und 46% gute Ergebnisse nach 8 Jahren
- Kerboul Winkel < 200 Grad: 75 % gute Ergebnisse
- Kerboul Winkel > 200 Grad: 16 % gute Ergebnisse
- transtrochantäre Rotationsosteotomie: nach Sugioka
- Osteotomie des Trochanters und proximalen Schenkelhalses und Rotation des nekrotischen Anteils nach vorn und unten
- hohe Komplikationsrate
- 70–90 % Erfolgsrate je nach Stadium
- Oberflächenersatz: Hemiarthroplastik oder Totaloberflächenersatz
- In der Vergangenheit: Hemiprothese als Oberflächenersatz
- Problem der Hemiprothese: unsichere Schmerzreduktion, da Metall gegen den Knorpel des Acetabulum artikuliert
- Oberflächenersatz inklusive Pfanne (Totalprothese) ist aufgrund der höheren Lockerungsraten und Probleme der Metall – Metall Gleitpaarungen nur im Einzelfall indiziert
- Totalendoprothese: zementfreie Hüftprothese, ggf. Kurzschaft-Prothese (es fehlen Langzeitergebnisse, um die Kurzschaftprothese zur Methode der Wahl zu machen), je nach Alter: Keramik – Keramik, Keramik – Polyethylen oder Metall – Polyethylen Gleitpaarung
■ Totalendoprothese ist die Methode der Wahl für Ficat Stadium 2B, 3 und 4
Komplikationen / Prognose:
- Therapieerfolg unterschiedlicher chirurgischer Maßnahmen schwer zu beurteilen, da der natürliche Verlauf unklar ist und sauber randomisierte Studien fehlen
- spontane Remission eines Stadiums 2A ist in der Literatur dokumentiert
- Arthrose: sobald der subchondrale Knochen einbricht, ist eine Arthrose unvermeidlich
- Gegenseite: in einigen Studien zeigten alle Patienten im Verlauf auch eine Osteonekrose der Gegenseite
- Prognose der avaskulären Nekrose: ungünstig sind
- große Läsion, die mehr als 30 % des Kopfes umfassen
- Kerboul Winkel > 200 Grad
- Einbruch des Kopfes, um mehr als 2 mm
- laterale Lage der Nekrose in Hüftkopf ungünstiger als zentral (nach Ohzono)
- Patienten die weiterhin der verursachenden Noxe ausgesetzt sind (Alkohol, Kortison, etc.)