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Notizbuch

Grundkonzepte der Prothesenversorgung

- Endbelastbarkeit: die Vorteile des endbelastungsfähigen Stumpfes sind

  • eine Lasteinleitung in den proximalen Stumpf wird verhindert, denn diese führt zu einer venösen und lymphatischen Stauung und fördert die Entstehung eines Stumpfödems
  • Endbelastbare Stümpfe werden in der Regel erreicht durch Exartikulation, z. B. Knieexartikulation oder auch Syme-Amputation
  • bei Exartikulationsstümpfen ist im Gegensatz zu diaphysären Amputationen die muskuläre Dysbalance und somit das Risiko von Kontrakturen geringer.

- hohe Kontaktfläche zwischen Prothese und Stumpf:

  • ermöglicht eine optimale Übertragung der Kraft von dem Stumpf auf die Prothese
  • minimiert lokale Mehrbelastung, die zu Druckstellen und Hautirritationen führt

- Prothesentypen:

  • Zehenersatz: in Kombination mit retrokapitaler Abstützung und Fußweichbettung, um eine harmonische Lastverteilung zu erreichen
  • Kurzprothese:
    • die im Konfektionsschuh getragene Kurzprothese lässt das obere und untere Sprunggelenk frei und ermöglicht so ein relativ normales Gangbild
    • der endbelastungsfähige Mittelfußstumpf wird durch die Fersenkappe des Schuhs sicher gefasst
    • Versorgung bis zur Lisfranc-Amputationslinie möglich
    • Sonderformen: Prothese nach BELLMANN, kosmetische Silikon-Prothese
  • knöchelübergreifende Prothese:
    • verfügt über eine knöchelübergreifende Lasche mit geschnürtem ventralen Einstieg
    • ggf. Weichwandschaft, der bis zu 2/3 des Unterschenkels mit einfasst
    • führt zu funktioneller Versteifung des oberen Sprunggelenks
    • Versorgung für Chopart/Pirogoff-Stümpfe
  • Unterschenkel-Kurzprothesen:
    • der Unterschenkelstumpf wird mit Vollkontakt von einem Weichwandschaft oder Liner (formbarer Überzug aus Silikon, Polyurethan o.ä.) umfasst, das Kniegelenk bleibt frei beweglich
    • 2 Grundprinzipien der Haftungsvermittlung:
      • durch den Schaft als KBM-Prothese (Kondylen-Bettung Münster) mit Kondylenspangen, PTB-Prothese (Patella tendon bearing) mit Knieriemen u.a.
      • durch einen Liner, in der Regel mit distaler Arretierung durch einen Stift, z. B. ICEROSS (Icelandic Roll-On Suction Socket)
    • die hohe Kontaktfläche verringert trophische Hautstörungen
    • die Atrophie der Oberschenkelmuskulatur ist geringer als bei Verwendung einer Oberhülse
  • Unterschenkelprothese mit Oberschaft:
    • ermöglicht durch das zusätzliche Fassen des Oberschenkels in einem Oberschaft eine Versorgung von nicht endbelastbaren Unterschenkelstümpfen
    • Bedarf eines Kniescharniers
  • Oberschenkelschaft ohne Tuberabstützung oder -umfassung:
    • den gesamten Oberschenkel umfassender Weichwandschaft oder Liner, der in einem proximal flexibleren Oberschenkelschaft aus Giessharz gebettet wird
    • wichtig ist es, das Lot des Beins zu rekonstruieren und eventuelle Kontrakturen auszugleichen
    • ideale Prothesenversorgung nach einer Knieexartikulation oder transkondylären Amputation
  • Oberschenkelprothesen:
    • zwar verbessert eine Einbettung des Stumpfes mit Vollkontakt die Lasteinleitung, die Hauptabstützung der Prothese erfolgt jedoch am Becken
    • querovaler Schaft: Tuber ischiadicum stützt sich auf der Tuberbank des Schaftes ab
    • längsovaler Schaft: physiologische Formgebung, die eine Verblockung zwischen aufsteigenden Schambeinast und Trochanter major ermöglicht
  • Beckenkorbprothese:
    • aus Gießharz gefertigter, das gesamte Becken umfassender, aufklappbarer Korb mit nach ventral und medial verlagertem Prothesenhüftgelenk (Kanada-Typ)
    • in der Regel ist eine Abstützung am Sitzbein und Sicherung am aufsteigenden Schambeinast möglich
    • bei einer Hemipelvektomie stehen Scham- und Sitzbein zur Lasteinleitung nicht mehr zur Verfügung, so dass eine Fassung der Taille und des Brustkorbs notwendig wird
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