Verletzung der Strecksehnen
- Strecksehne und Strecksehnenaponeurose sind dünner und lassen sich distal schwieriger nähen
Einteilung:
Kleinert, Verletzung in Höhe von
- Zone 1: DIP-Gelenk
- Zone 2: mittlere Phalanx
- Zone 3: PIP-Gelenk
- Zone 4: proximale Phalanx
- Zone 5: MP-Gelenk
- Zone 6: Os metatarsale
- Zone 7: Retinaculum extensorum, Handwurzel
- T 1: Daumen über IP-Gelenk
- T 2: Daumen über proximaler Phalanx
- T 3: Daumen über MP-Gelenk
- T 4: proximal des MP-Gelenk
Diagnose / Klinik:
- Zone 1: Hammerfinger, Drop-Finger
- Zone 2: Drop-Finger
- Zone 3: Finger kann im PIP-Gelenk nicht gestreckt werden, Verletzung des Mittelzügels resultiert in Boutonnière Deformität oder Knopflochdeformität (Seitenzügel werden Strecker im DIP- und Beuger im PIP-Gelenk)
- Zone 4: Streckdefizit selten, da Sehne breit und selten komplett durchtrennt
- Zone 5: Streckdefizit im Grundgelenk, „Kampfbiss“ oder clenched fist injury durch Faustschlag in den geöffneten Mund
- Zone 6: oft relativ gute Streckung, da Verbindung zwischen den Sehnen über den Connexus intertendineus
- T 1: Hammerdeformität des Daumens
- T 2: milde Hammerdeformität möglich
Therapie:
- Zone 1, 2 und T1, T2
- offene Verletzung: häufig K-Draht-Fixierung des DIP-Gelenks nötig, Sehnennaht, Schiene
- geschlossene Verletzung: Stack’sche Schiene für 6-8 Wochen (keine Flexion im DIPGelenk für 6 Wochen!)
- intraartikuläre Fraktur der distalen Phalanx, sogenannte Busch-Fraktur
- Fragment: <30% der Gelenkfläche ohne signifikante Luxation des Fragments: konservative Therapie
- Fragment: 30-50% der Gelenkfläche und keine Subluxation: ggf. konservative Therapie, jedoch in der Regel operative Therapie bevorzugt
- Fragment: >50% der Gelenkfläche: operative Therapie
- Zone 3:
- geschlossene Verletzung:
- Schienung des PIP-Gelenks, MP- und DIP-Gelenk bleiben frei
- Operationsindikation: Versagen konservativer Therapie, dislozierte Fraktur, axiale und laterale Instabilität
- offene Verletzung: offene Naht in Kombination mit temporärer Fixierung des PIPGelenks; zahlreiche Strecksehnenplastiken beschrieben (z. B. nach Wilhelm, Snow, Matev etc.)
- Zone T3 – T5: offene Naht
- Zone 4:
- partielle Ruptur: offene Naht und Schienung für 3-4 Wochen
- komplette Ruptur und eingeschränkte Streckung: offene Naht
- Zone 5:
- offene Naht und Ruhigstellung für 4-5 Wochen
- aggressives Débridement und prophylaktische Antibiose bei Bisswunde
- Zone 6:
- Naht und ggf. dynamische Schienung
- Zone 7:
- Verletzungen im Bereich des Retinakulum extensorum: aufgrund Sehnenretraktion größerer Hautschnitt notwendig
- plastische Rekonstruktion des Retinakulums notwendig
- post-OP:
- früher statische Schienung Methode der Wahl, heute zunehmend aggressivere Mobilisation, da Immobilisierung zu Vernarbungen führt und die Sehne schwächt
- dynamische Schienung und frühe kontrollierte aktive Mobilisation
- dynamische Schiene: Handgelenk in 30 Grad Extension und MP-Gelenk in 10 Grad Flexion
- in Zone 3 und 4 statische Schienung des betroffenen Gelenks für 4-6 Wochen
Prognose / Komplikation:
- Komplikationsrate erhöht bei:
- Hautdefekt
- gleichzeitiger Nervenverletzung
- gleichzeitiger Fraktur
- Verwachsungen der Sehne nach Ruhigstellung:
- aggressive Krankengymnastik
- ggf. Tenolyse oder Kapsulotomie