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Notizbuch

Schultergelenksarthrose

- primär Arthrose:

  • Trias: Kontraktur der vorderen Kapsel (1), Knochensubstanzverlust im Bereich des
    hinteren Pfannenrandes (Bikonkavität) (2) und posteriore Subluxation (3)
  • Glenoid: Knorpelverlust zunächst dorsal
  • Humeruskopf: zentrale Knorpelglatze, Kranzosteophyten
  • Rotatorenmanschettenruptur: selten
  • freie Gelenkkörper

 

Abb. 1-51: Beginnende Arthrose mit Ausbildung eines inferioren Osteophyten (A) und geringer Subluxation nach posterior (B): im Verlauf kommt es zu einer Aufhebung des Gelenkspaltes und Vergrößerung der Osteophyten (C)
Abb. 1-51: Beginnende Arthrose mit Ausbildung eines inferioren Osteophyten (A) und geringer Subluxation nach posterior (B): im Verlauf kommt es zu einer Aufhebung des Gelenkspaltes und Vergrößerung der Osteophyten (C)
Orthoforum

 

- sekundär:

  • chronische Luxation
  • Instabilität: es ist nicht klar, ob rezidivierende Schulterluxationen im Jugendalter ein
    prädisponierender Faktor sind (der Zusammenhang ist nicht signifikant)
  • nach offener oder arthroskopischer Kapselraffung:
    • häufigste Ursache für degenerative Gelenkveränderungen vor dem 50. Lebensjahr
    • ein zu enger Verschluss der anterioren Kapsel führt zu einer Subluxation des Kopfes
      nach posterior (rezidivierende Luxationen führen weit seltener zu Arthrose als eine
      zu enge Kapselraffung)
    • eingeschränkte Außenrotation ist der wichtigste Risikofaktor für Arthrose nach
      Kapselraffung
  • posttraumatisch (Pseudarthrose)
  • Osteonekrose

 

Abb. 1-52: Osteonekrose des Humeruskopfes (A-C)
Abb. 1-52: Osteonekrose des Humeruskopfes (A-C)
Orthoforum

 

  • Rheuma (in 25% mit einer Rotatorenmanschettenruptur vergesellschaftet)
  • Hämophilie
  • Pseudogicht
  • neuropathische Arthropathie: M. Charcotnach Bestrahlung: Mamma Ca
  • Infektion

 

Abb. 1-53: Schultergelenksinfektion mit Destruktion des Gelenkknorpels (A,B): Débridement und Humeruskopfresektion zur Vorbereitung einer späteren Prothesenimplantation (C)
Abb. 1-53: Schultergelenksinfektion mit Destruktion des Gelenkknorpels (A,B): Débridement und Humeruskopfresektion zur Vorbereitung einer späteren Prothesenimplantation (C)
Orthoforum

 

  • Rotatorenmanschettenarthropathie:
    • eine massive Rotatorenmanschettenruptur führt zu einer anterosuperioren
      Subluxation des Humeruskopfes und in einem nicht geklärten Prozentsatz zu Arthrose
    • unklar, wieviele Patienten mit einer massiven Rotatorenmanschettenruptur eine
      Rotatorenmanschettenarthropathie entwickeln (10%?)
    • Humeruskopf artikuliert mit dem coracoacromialen Bogen
    • Knorpelverlust: craniale Humeruskopfanteile

Diagnose / Klinik:

- Schmerz
- Bewegungseinschränkung
- moderate Muskelatrophie
- Röntgen: AP in Neutralstellung (Röntgenstrahl im Winkel von 30 Grad, um Gelenkspalt
darzustellen), axiale Aufnahme

  • Gelenkspaltverschmälerung (am frühesten in der axialen Aufnahme)
  • subchondrale Sklerosierung
  • Ausbildung von Osteophyten mit Verlust der Humeruskopfkontur
  • Zysten
  • posteriore Subluxation im fortgeschrittenen Stadium (pimäre Arthrose)

- Computertomografie: primäre Arthrose

  • zur Beurteilung des Knochensubstanzverlustes selten indiziert, nur wenn in der axialen
    Aufnahme Hinweis auf ausgeprägten Knochensubstanzverlust
  • Knochensubstanzverlust:
    • Glenoid: posterior (primäre Arthrose), anterior (chronische Luxation)
    • Humeruskopf: zentral (primäre Arthrose); Ausmaß der Hill-Sachs-Delle (chronische Luxation)

Therapie:

konservative Therapie:
- NSAR
- Krankengymnastik:

  • langsam progredienter Verlauf: kann durch Krankengymnastik günstig beeinflusst
    werden
  • Erhalt der Beweglichkeit und Kräftigung der Muskulatur

- intraartikuläre Infiltrationen: bis zu 3x /Jahr

operative Therapie:

- arthroskopische Synovektomie und Kapselrelease:

  • in Kombination mit einer Bursektomie der Bursa subacromialis
  • Abtragung von Osteophyten und Kapselrelease
  • Indikation: Synovialitis (Rheuma), junger Patient mit geringer Arthrose

- Bicepssehnenrelease: bei Patienten mit Rotatorenmanschettendefektarthropathie mit
eher geringer Arthrose und fortgeschrittenem Alter (die Bicepssehne ist bei Patienten mit
einer Rotatorenmanschettenruptur oft ein Schmerzauslöser)

- Resektionsarthroplastik:

  • Indikation:
    • Schultergelenksinfektion: temporär vor Implantation einer Prothese (2-zeitiges
      Vorgehen)
    • nach mehreren Prothesenwechseln, wenn eine Reimplantation nicht möglich
  • Probleme:
    • anfangs: Instabilität
    • später: Bewegungseinschränkung (maximale Abduktion ca. 60-80 Grad)

- Arthrodese:

  • Indikation:
    • Plexusläsionen
    • rezidivierende Infektionen
    • dauerhafter Verlust der Rotatorenmanschette und des M. deltoideus
    • Versagen eines endoprothetischen Gelenkersatzes (Einzelfall)
  • Position: 20 Grad Abduktion, 30 Grad Flexion, 30 Grad Innenrotation
  • die besten Ergebnisse haben Patienten mit:
    • Verlust der Rotatorenmanschette und des M. deltoideus
    • intakter scapulothorakaler Muskulatur (Trapezius, Serratus anterior, etc.)
    • motivierter Patient
  • Funktion: Flexion bis 45 Grad, Außenrotation bis 10 Grad, Innenrotation bis 45 Grad
    (Scapula)
  • Technik: anspruchsvolle Operation
    • Schraubenarthrodese und Gipsruhigstellung für 6-12 Wochen (heute bevorzugt)
    • Plattenarthrodese und Ruhigstellung in Abduktionsorthese

 

Abb. 1-54: Rotatorenmanschettenruptur mit Migration des Humeruskopfes nach cranial (A,B): Indikation für die Implantation einer Hemiprothese (C). Heute wird in dieser Situation in der Regel eine inverse Prothese bevorzugt
Abb. 1-54: Rotatorenmanschettenruptur mit Migration des Humeruskopfes nach cranial (A,B): Indikation für die Implantation einer Hemiprothese (C). Heute wird in dieser Situation in der Regel eine inverse Prothese bevorzugt
Orthoforum

 

Abb. 1-55: Das axiale Röntgenbild zeigt ausgedehnte Osteolysen des knöchernen Glenoids nach zementierter Fixierung der Glenoidkomponente (A). Pseudarthrose nach Osteotomie des Tuberculum minor zur Refixierung des Subscapularis bei einer primären totalen S
Abb. 1-55: Das axiale Röntgenbild zeigt ausgedehnte Osteolysen des knöchernen Glenoids nach zementierter Fixierung der Glenoidkomponente (A). Pseudarthrose nach Osteotomie des Tuberculum minor zur Refixierung des Subscapularis bei einer primären totalen Schulterprothese (B,C). Notching im Bereich des inferioren Glenoids aufgrund einer zur proximalen implantierten Glenoidkomponente nach Implation einer inversen Schulterprothese (D)
Orthoforum

 

- Hemiprothese: nur Ersatz des Humeruskopfes durch Prothese, Oberflächenersatz oder
  bipolare Prothese; die native Pfanne bleibt erhalten
- Oberflächenersatz: wenn das Knochenlager suffizient und keine Humeruskopffraktur vorliegt
- Standard Humeruskopfprothese: wenn die Fixierung eines Oberflächenersatzes nicht
  möglich ist oder eine Refixation der Tubercula (Fraktur) notwendig wird
- bipolare Prothese: wenn eine Lateralisation des Drehzentrums erwünscht ist

  • Indikation:
    • Glenoid: Knochensubstanz lässt eine Implantation einer Pfannenkomponente nicht
      zu
    • fixierte Subluxation des Humeruskopfes
    • nur selten indiziert, heute wird eine inverse Prothese in der Regel bevorzugt

- totale Schulterprothese:

  • Voraussetzung:
    • Delta- und Rotatorenmanschettenfunktion: Kopf wird in der Pfanne zentriert und
      eine exzentrische Belastung der Pfannenkomponente (Schaukelpferd-Phänomen)
      bei fehlender RM-Funktion wird vermieden
    • gute Kraft in Innenrotation und Außenrotation: Kraftkopplung zwischen Subscapularis
      und Infraspinatus/Teres minor ist Voraussetzung für Zentrierung des
      Kopfes in der Pfanne

- inverse Schulterprothese (Delta-Prothese, Äqualis, Encore, Biliani Flatow, Anatomique)

  • massive Rotatorenmanschettenruptur: Rekonstruktion nicht möglich (Pseudoparalyse)
  • Defektarthropathie (Rotatorenmanschettenarthropathie)
  • Prothesenwechsel, Tumoren
  • Fraktur, wenn adäquate Refixierung der Tubercula nicht möglich (ab 77 Lebensjahr nach
    einigen Studien die Methode der Wahl)

Komplikationen / Prognose:

- langsam fortschreitender Verlauf
- Verhältnis: Knieprothese : Schulterprothese =50:1
- Inverse Schulterprothese: Komplikationsraten von bis zu 40% beschrieben

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