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Notizbuch

Schulterendoprothetik

Indikation:

  • deutliche Funktionseinschränkung und Schmerzen
  • Knochensubstanz lässt die Implantation einer Prothese zu

- Kontraindikation:

  • neurogene Gelenkdestruktion (Charcot-Gelenk), Syringomyelie: Casereports scheinen
    die Implantation einer Totalendoprothese im Einzelfall zu rechtfertigen
  • Infektion

Implantate:

Glenoid:
- Implantate:

  • Kiel-Pfanne (zementiert)
  • Peg-Pfanne (zementiert)
  • Schraubpfanne (zementfrei)

- Konformität: je höher die Konformität der Glenoidkomponente, um so eher führt ein
Kapsel- oder Muskelungleichgewicht zu einer Übertragung von Kräften auf das ImplantatKnochen-Interface
und einer Implantatlockerung
- Computertomografie: Darstellung der Knochensubstanz und Planung der Rekonstruktion,
wenn in der axillären Aufnahme ein Knochensubstanzverlust vorliegt

 

Abb. 1-56: Subluxation des Humeruskopfes und Arrosion des Glenoids (A,B) erschweren die Implantation einer Pfannenkomponente: Indikation für eine Hemiprothese (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Abb. 1-56: Subluxation des Humeruskopfes und Arrosion des Glenoids (A,B) erschweren die Implantation einer Pfannenkomponente: Indikation für eine Hemiprothese (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Schaft:

  • 1. Generation (Neer I und II): individuelle Auswahl der Schaftgröße und des Kopfdurchmessers
  • 2. Generation (modulares Neer System): Kopf und Schaft modular
  • 3. Generation: individuelle Einstellung des Inklinationswinkels und des Rotationszentrums
    (Off-set Kopf)
  • 4. Generation: individuelle Einstellung der Ante- und Retroversion

Technik:

optimale Weichteilspannung:
- nach Implantation der Prothese sollte intraop.:

  • in Abduktion eine Innenrotation von 70 Grad
  • mit anliegendem Arm eine Außenrotation von 40 Grad
  • eine hintere Schublade von ca. 2-3cm passiv auslösbar sein
  • vermeide fixierte hintere Luxation: der in Innenrotation nach posterior verschobene Prothesenkopf gleitet nicht von selbst in die Pfanne zurück

- folgende Faktoren beeinflussen die Weichteilspannung:

  • Implantatgröße:
    • zu großer Kopfaufsatz: verringert Flexion, Abduktion, Innen- und Außenrotation
      aufgrund einer Überfüllung des Gelenks mit resultierender Kapselenge
    • die Größe der Komponenten sollte dem Ausmaß der Humeruskopfresektion
      (Kopfaufsatz) und dem Substanzverlust des Glenoids (Glenoidkomponente) nach
      dem Fräsen angepasst werden
  • Implantatausrichtung:
    • Humeruskopf: 30 Grad Retroversion
    • Glenoid: 3-7 Grad Retroversion im Vergleich zur Scapulaachse
    • idiopathische Arthrose führt zu Knochenverlust des posterioren Glenoids:
      Pfannenkomponente sollte normale Anatomie wieder herstellen und ein möglichst
      gutes Knochenlager haben: bei einem ausgeprägten hinteren Knochensubstanzverlust
      wird primär das anteriore Glenoid gefräst (ggf. Knochenspananlage)
    • Varusfehlstellung des Prothesenschaftes führt zu einer Prominenz des
      Prothesenkopfes und damit vermehrter Kapselanspannung
    • wird der Prothesenschaft nicht tief genug eingeschlagen, führt dies zu einem
      Überstehen des Kopfes mit resultierender Kapselenge (Kopf sollte das Tuberculum
      majus nur gering überragen)
  • Osteophyten

- Lösen von Kapselvernarbungen ist wichtig, um eine gute Zentrierung des Kopfes in der
  Pfanne über den gesamten Bewegungsumfang des Gelenks zu gestatten (verhindert
  Schaukelpferd-Phänomen)

M. deltoideus:

- intakter M. deltoideus ist eine Voraussetzung für eine Schulterprothesenimplantation
- N. axillaris sollte auf keinen Fall verletzt werden
- Zugang unter Schonung des Deltaansatzes am Akromion (deltopectorales Intervall)

Rotatorenmanschette:

- N. suprascapularis schonen: ist bei einem anterioren Kapselrelease gefährdet
- korrekte Wiederherstellung des Tuberculum-majus-Offset: adäquate Komponentendicke
  (Kopfgröße)
- nach Operation initial passive Mobilisation, da der Subscapularis zur Prothesenimplantation
  abgelöst werden muss, Einheilung beschleunigt, wenn der Subscapularis mit einer Knochenschuppe    des Tuberculum minus abgelöst wird und danach in seinem knöchernen
  Bett refixiert wird (Subscapularisinsuffizienz ist eine der häufigsten Ursachen für ein
  schlechtes Funktionsergebnis nach einer Schulterprothesenimplantation)

 

Abb. 1-57: Ein asymmetrischer Muskelzug führt zu einer exzentrischen Belastung der Glenoidkomponente
Abb. 1-57: Ein asymmetrischer Muskelzug führt zu einer exzentrischen Belastung der Glenoidkomponente
Orthoforum

 

Abb. 1-58: Translationskräfte, die auf den Humeruskopf wirken, werden bei einer flachen Glenoidkomponente nicht auf das Glenoid übertragen (A). Bei einer stärkeren Konformität werden Kräfte in einem größeren Umfang auf die Pfanne und deren Knochen-Implant
Abb. 1-58: Translationskräfte, die auf den Humeruskopf wirken, werden bei einer flachen Glenoidkomponente nicht auf das Glenoid übertragen (A). Bei einer stärkeren Konformität werden Kräfte in einem größeren Umfang auf die Pfanne und deren Knochen-Implant-Interface übertragen (B)
Orthoforum

 

Rotatorenmanschettenruptur:

- jedes Muskelungleichgewicht führt zu einem Schaukelpferd-Phänomen „rocking
horse“: der ungleichmäßige Muskelzug verursacht eine Translation des Kopfes und eine
asymmetrische Belastung der Glenoidkomponente

  • Ungleichgewicht zwischen Deltoideus und Rotatorenmanschette
  • Ungleichgewicht zwischen Infraspinatus/Teres minor und Subscapularis
  • wenn eine Rekonstruktion der Rotatorenmanschette nicht möglich ist, dann sollte eine inverse Schulterprothese verwendet werden

Glenoidkomponente:

- Voraussetzung: gutes Knochenlager
- Gold-Standard: zementierte Verankerung (heute auch zementfrei)
- konforme Gelenkfläche:

  • minimiert exzentrische Belastung
  • erhöht jedoch die Lastübertragung auf das Implantat-Knochen-Interface
    - sphärische Vertiefung der Glenoidrückfläche günstiger als Verankerung auf glatter
    Knochenfläche

Humeruskomponente:

- zementfreie und zementierte Implantation mit gleichen Langzeitergebnissen
- korrekte Ausrichtung und Wiederherstellung der Kopfhöhe und des Tuberculum-majus-Offsets

 

Abb. 1-59: Wiederherstellung der Humeruskopfhöhe und des Tuberculum-majus-Offset (A,B) ist von entscheidender Bedeutung für die postoperative Funktion
Abb. 1-59: Wiederherstellung der Humeruskopfhöhe und des Tuberculum-majus-Offset (A,B) ist von entscheidender Bedeutung für die postoperative Funktion
Orthoforum

 

Abb. 1-60: Röntgenbild einer posttraumatische Arthrose (A). Die Therapie erfolgte mit einem Oberflächenersatz (B). Therapie eines traumatischen Knorpeldefekts mit einem partiellen Oberflächenersatz (C), der im Verlauf zu einer Hemiprothese (D) gewechselt
Abb. 1-60: Röntgenbild einer posttraumatische Arthrose (A). Die Therapie erfolgte mit einem Oberflächenersatz (B). Therapie eines traumatischen Knorpeldefekts mit einem partiellen Oberflächenersatz (C), der im Verlauf zu einer Hemiprothese (D) gewechselt wurde
Orthoforum

 

Rehabilitation:

- passive Mobilisation für 4-6 Wochen: Flexion bis 90 Grad, Außenrotation bis 30 Grad
(intraoperativ Prüfen nach Subscapularisrefixierung), keine Abduktion
- ab 4.-6. Woche: aktive Mobilisation
- ab 8.-12. Woche: aktiv gegen Widerstand

 

Abb. 1-61: Variable Einstellung des Offsets und der Retrotorsion des Humeruskopfes am Beispiel der Anatomical Shoulder Prothese (Mit freundlicher Genehmigung der Centerpulse Orthopedics Ltd. a Zimmer Company)
Abb. 1-61: Variable Einstellung des Offsets und der Retrotorsion des Humeruskopfes am Beispiel der Anatomical Shoulder Prothese (Mit freundlicher Genehmigung der Centerpulse Orthopedics Ltd. a Zimmer Company)
Orthoforum

 

Abb. 1-62: Röntgenbild einer gelockerten Hemiprothese, bei Zustand nach 4-Part Fraktur des proximalen Humerus (A): Wechsel auf eine inverse Schulterprothese (Encore). Röntgenbild einer Rotatorenmanschettendefektarthropathie (C) die mit einer inversen Schu
Abb. 1-62: Röntgenbild einer gelockerten Hemiprothese, bei Zustand nach 4-Part Fraktur des proximalen Humerus (A): Wechsel auf eine inverse Schulterprothese (Encore). Röntgenbild einer Rotatorenmanschettendefektarthropathie (C) die mit einer inversen Schulterprothese (Encore) therapiert wurde (D)
Orthoforum

 

inverse Schulterprothese: Deltaprothese
- Humerus: Pfannenkomponente; Glenoid: Kopfkomponente
- Indikation: Rotatorenmanschettenmassenruptur mit Defektarthropathie, Wechseloperation,
4-Part Frakturen ab dem 70. Lebensjahr
- Kontraktion des Deltoideus führt zur Abduktion des Arms; intakter N.axillaris ist Voraussetzung
für OP (ggf. EMG)
- Deltaprothese (DePuy) Äqualisprothese (Tornier): Außenrotation kann nur durch begleitenden
Latissimus dorsi transfer wiederhergestellt werden (nach Boileau)
- RSP (Encore) inverse Prothese mit vermehrtem Kopf-Offset (Kopfzentrum der Glenoidkomponente
liegt weiter lateral (0-10mm)) ermöglicht im Durchschnitt 40 Grad Außenrotation
- Rotatorenmanschettenarthropathie: inverse Prothese hat bessere Funktion und größeren
aktiven Bewegungsumfang als eine Hemiprothese

Prognose / Komplikationen:

- Hemiprothese:

  • Osteonekrose: deutliche Schmerzlinderung bei 90-100% der Patienten
  • Arthrose, Trauma, etc: ca. 90% der Patienten zeigen eine Schmerzlinderung (Ergebnisse
    nicht so reproduzierbar wie nach Implantation einer totalen Schulterprothese)
  • in ca. 85% zufriedenstellendes Ergebnis
  • Prothesenimplantation bei rheumatoider Arthritis: schlechtere Ergebnisse, in der Regel
    wird eine totale Schulterprothese bevorzugt
  • Komplikationen:
    • Lockerung
    • Knorpelverlust nach Hemiprothese: Konversion zu totaler Prothese
    • Versagerrate abhängig vom Knorpelverlust des Glenoids
      • konzentrischer Knorpelverlust: 14%
      • exzentrischer Knorpelverlust: 37%

- totale Schulterprothese:

  • >90% der Patienten haben eine deutliche Schmerzlinderung
  • Ergebnisse: Arthrose > Rheuma > Trauma
  • Instabilität:
    • anterior: Ursachen
      • Fehlrotation der Humeruskomponente
      • Fehlfunktion des anterioren Deltoideus
      • Ruptur des Subscapularis, Insuffizienz der Naht: bei Nachuntersuchungen immer
        die Intaktheit des Subscapularis prüfen (Bellypress & IRO)
    • superior: Ursachen
      • Rotatorenmanschettenruptur, -insuffizienz
      • ggf. Implantation einer Deltaprothese
    • posterior:
      • zu starke Retroversion des Humerus oder Glenoids
    • inferior:
      • nach Trauma und Revision, wenn die Humeruslänge nicht korrekt rekonstruiert
        wird und damit der M. deltoideus insuffizient wird
      • eine temporäre inferiore Subluxation ist in den ersten 3 Monaten nach Operation
        möglich (Deltaatonie)
  • Infektion: 1%
  • Nervenverletzung: eine Verletzung des N. axillaris sollte in jedem Fall vermieden werden
  • periprothetische Fraktur

 

Abb. 1-63: Periprothetische Fraktur nach Implantation einer zementierten Schulterprothese (A), nach Versagen einer Plattenosteosynthese (B) erfolgte die Knochenresektion und Implantation einer Tumorprothese (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiol
Abb. 1-63: Periprothetische Fraktur nach Implantation einer zementierten Schulterprothese (A), nach Versagen einer Plattenosteosynthese (B) erfolgte die Knochenresektion und Implantation einer Tumorprothese (C) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum

 

- Deltaprothese:

  • Komplikationsrate je nach Studie zwischen 20% und 40%
  • Luxation: Deltaprothese in 6% der Fälle (3% erneute Operation)
  • Lockerung der Glenoidkomponente (junge Patienten)
  • Impingement: Pfanne schlägt bei Adduktion an den Unterrand des Glenoids und Scapula an (bei Delta III Prothese bei fast allen Patienten)
  • aktive Außenrotation nur durch ausgeprägten Offset (Encore Prothese) oder gleichzeitigen Latissimus Transfer
  • Rotatorenmanschettenruptur: 2%-5%

 

Abb. 1-64: Nach Implantation einer Hemiprothese sekundärer Knorpelverlust (A,B), der die Implantation einer Pfannenkomponente notwendig machte (C)
Abb. 1-64: Nach Implantation einer Hemiprothese sekundärer Knorpelverlust (A,B), der die Implantation einer Pfannenkomponente notwendig machte (C)
Orthoforum

 

Abb. 1-65: Chronische Rotatorenmanschettenmassenruptur und starke Arrosion des Akromions (A): Indikation für die Implantation einer inversen Schulterprothese (Delta 3) (B). Superiore Subluxation einer Hemiprothese bei Rotatorenmanschettenruptur (C): Proth
Abb. 1-65: Chronische Rotatorenmanschettenmassenruptur und starke Arrosion des Akromions (A): Indikation für die Implantation einer inversen Schulterprothese (Delta 3) (B). Superiore Subluxation einer Hemiprothese bei Rotatorenmanschettenruptur (C): Prothesenwechsel auf eine inverse Schulterprothese (Delta 3) (D) (Eigentum des Instituts für Klinische Radiologie der Universität Münster)
Orthoforum
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