Schulterendoprothetik
Indikation:
- deutliche Funktionseinschränkung und Schmerzen
- Knochensubstanz lässt die Implantation einer Prothese zu
- Kontraindikation:
- neurogene Gelenkdestruktion (Charcot-Gelenk), Syringomyelie: Casereports scheinen
die Implantation einer Totalendoprothese im Einzelfall zu rechtfertigen - Infektion
Implantate:
Glenoid:
- Implantate:
- Kiel-Pfanne (zementiert)
- Peg-Pfanne (zementiert)
- Schraubpfanne (zementfrei)
- Konformität: je höher die Konformität der Glenoidkomponente, um so eher führt ein
Kapsel- oder Muskelungleichgewicht zu einer Übertragung von Kräften auf das ImplantatKnochen-Interface
und einer Implantatlockerung
- Computertomografie: Darstellung der Knochensubstanz und Planung der Rekonstruktion,
wenn in der axillären Aufnahme ein Knochensubstanzverlust vorliegt
- Schaft:
- 1. Generation (Neer I und II): individuelle Auswahl der Schaftgröße und des Kopfdurchmessers
- 2. Generation (modulares Neer System): Kopf und Schaft modular
- 3. Generation: individuelle Einstellung des Inklinationswinkels und des Rotationszentrums
(Off-set Kopf) - 4. Generation: individuelle Einstellung der Ante- und Retroversion
Technik:
optimale Weichteilspannung:
- nach Implantation der Prothese sollte intraop.:
- in Abduktion eine Innenrotation von 70 Grad
- mit anliegendem Arm eine Außenrotation von 40 Grad
- eine hintere Schublade von ca. 2-3cm passiv auslösbar sein
- vermeide fixierte hintere Luxation: der in Innenrotation nach posterior verschobene Prothesenkopf gleitet nicht von selbst in die Pfanne zurück
- folgende Faktoren beeinflussen die Weichteilspannung:
- Implantatgröße:
- zu großer Kopfaufsatz: verringert Flexion, Abduktion, Innen- und Außenrotation
aufgrund einer Überfüllung des Gelenks mit resultierender Kapselenge - die Größe der Komponenten sollte dem Ausmaß der Humeruskopfresektion
(Kopfaufsatz) und dem Substanzverlust des Glenoids (Glenoidkomponente) nach
dem Fräsen angepasst werden
- zu großer Kopfaufsatz: verringert Flexion, Abduktion, Innen- und Außenrotation
- Implantatausrichtung:
- Humeruskopf: 30 Grad Retroversion
- Glenoid: 3-7 Grad Retroversion im Vergleich zur Scapulaachse
- idiopathische Arthrose führt zu Knochenverlust des posterioren Glenoids:
Pfannenkomponente sollte normale Anatomie wieder herstellen und ein möglichst
gutes Knochenlager haben: bei einem ausgeprägten hinteren Knochensubstanzverlust
wird primär das anteriore Glenoid gefräst (ggf. Knochenspananlage) - Varusfehlstellung des Prothesenschaftes führt zu einer Prominenz des
Prothesenkopfes und damit vermehrter Kapselanspannung - wird der Prothesenschaft nicht tief genug eingeschlagen, führt dies zu einem
Überstehen des Kopfes mit resultierender Kapselenge (Kopf sollte das Tuberculum
majus nur gering überragen)
- Osteophyten
- Lösen von Kapselvernarbungen ist wichtig, um eine gute Zentrierung des Kopfes in der
Pfanne über den gesamten Bewegungsumfang des Gelenks zu gestatten (verhindert
Schaukelpferd-Phänomen)
M. deltoideus:
- intakter M. deltoideus ist eine Voraussetzung für eine Schulterprothesenimplantation
- N. axillaris sollte auf keinen Fall verletzt werden
- Zugang unter Schonung des Deltaansatzes am Akromion (deltopectorales Intervall)
Rotatorenmanschette:
- N. suprascapularis schonen: ist bei einem anterioren Kapselrelease gefährdet
- korrekte Wiederherstellung des Tuberculum-majus-Offset: adäquate Komponentendicke
(Kopfgröße)
- nach Operation initial passive Mobilisation, da der Subscapularis zur Prothesenimplantation
abgelöst werden muss, Einheilung beschleunigt, wenn der Subscapularis mit einer Knochenschuppe des Tuberculum minus abgelöst wird und danach in seinem knöchernen
Bett refixiert wird (Subscapularisinsuffizienz ist eine der häufigsten Ursachen für ein
schlechtes Funktionsergebnis nach einer Schulterprothesenimplantation)
Rotatorenmanschettenruptur:
- jedes Muskelungleichgewicht führt zu einem Schaukelpferd-Phänomen „rocking
horse“: der ungleichmäßige Muskelzug verursacht eine Translation des Kopfes und eine
asymmetrische Belastung der Glenoidkomponente
- Ungleichgewicht zwischen Deltoideus und Rotatorenmanschette
- Ungleichgewicht zwischen Infraspinatus/Teres minor und Subscapularis
- wenn eine Rekonstruktion der Rotatorenmanschette nicht möglich ist, dann sollte eine inverse Schulterprothese verwendet werden
Glenoidkomponente:
- Voraussetzung: gutes Knochenlager
- Gold-Standard: zementierte Verankerung (heute auch zementfrei)
- konforme Gelenkfläche:
- minimiert exzentrische Belastung
- erhöht jedoch die Lastübertragung auf das Implantat-Knochen-Interface
- sphärische Vertiefung der Glenoidrückfläche günstiger als Verankerung auf glatter
Knochenfläche
Humeruskomponente:
- zementfreie und zementierte Implantation mit gleichen Langzeitergebnissen
- korrekte Ausrichtung und Wiederherstellung der Kopfhöhe und des Tuberculum-majus-Offsets
Rehabilitation:
- passive Mobilisation für 4-6 Wochen: Flexion bis 90 Grad, Außenrotation bis 30 Grad
(intraoperativ Prüfen nach Subscapularisrefixierung), keine Abduktion
- ab 4.-6. Woche: aktive Mobilisation
- ab 8.-12. Woche: aktiv gegen Widerstand
inverse Schulterprothese: Deltaprothese
- Humerus: Pfannenkomponente; Glenoid: Kopfkomponente
- Indikation: Rotatorenmanschettenmassenruptur mit Defektarthropathie, Wechseloperation,
4-Part Frakturen ab dem 70. Lebensjahr
- Kontraktion des Deltoideus führt zur Abduktion des Arms; intakter N.axillaris ist Voraussetzung
für OP (ggf. EMG)
- Deltaprothese (DePuy) Äqualisprothese (Tornier): Außenrotation kann nur durch begleitenden
Latissimus dorsi transfer wiederhergestellt werden (nach Boileau)
- RSP (Encore) inverse Prothese mit vermehrtem Kopf-Offset (Kopfzentrum der Glenoidkomponente
liegt weiter lateral (0-10mm)) ermöglicht im Durchschnitt 40 Grad Außenrotation
- Rotatorenmanschettenarthropathie: inverse Prothese hat bessere Funktion und größeren
aktiven Bewegungsumfang als eine Hemiprothese
Prognose / Komplikationen:
- Hemiprothese:
- Osteonekrose: deutliche Schmerzlinderung bei 90-100% der Patienten
- Arthrose, Trauma, etc: ca. 90% der Patienten zeigen eine Schmerzlinderung (Ergebnisse
nicht so reproduzierbar wie nach Implantation einer totalen Schulterprothese) - in ca. 85% zufriedenstellendes Ergebnis
- Prothesenimplantation bei rheumatoider Arthritis: schlechtere Ergebnisse, in der Regel
wird eine totale Schulterprothese bevorzugt - Komplikationen:
- Lockerung
- Knorpelverlust nach Hemiprothese: Konversion zu totaler Prothese
- Versagerrate abhängig vom Knorpelverlust des Glenoids
- konzentrischer Knorpelverlust: 14%
- exzentrischer Knorpelverlust: 37%
- totale Schulterprothese:
- >90% der Patienten haben eine deutliche Schmerzlinderung
- Ergebnisse: Arthrose > Rheuma > Trauma
- Instabilität:
- anterior: Ursachen
- Fehlrotation der Humeruskomponente
- Fehlfunktion des anterioren Deltoideus
- Ruptur des Subscapularis, Insuffizienz der Naht: bei Nachuntersuchungen immer
die Intaktheit des Subscapularis prüfen (Bellypress & IRO)
- superior: Ursachen
- Rotatorenmanschettenruptur, -insuffizienz
- ggf. Implantation einer Deltaprothese
- posterior:
- zu starke Retroversion des Humerus oder Glenoids
- inferior:
- nach Trauma und Revision, wenn die Humeruslänge nicht korrekt rekonstruiert
wird und damit der M. deltoideus insuffizient wird - eine temporäre inferiore Subluxation ist in den ersten 3 Monaten nach Operation
möglich (Deltaatonie)
- nach Trauma und Revision, wenn die Humeruslänge nicht korrekt rekonstruiert
- anterior: Ursachen
- Infektion: 1%
- Nervenverletzung: eine Verletzung des N. axillaris sollte in jedem Fall vermieden werden
- periprothetische Fraktur
- Deltaprothese:
- Komplikationsrate je nach Studie zwischen 20% und 40%
- Luxation: Deltaprothese in 6% der Fälle (3% erneute Operation)
- Lockerung der Glenoidkomponente (junge Patienten)
- Impingement: Pfanne schlägt bei Adduktion an den Unterrand des Glenoids und Scapula an (bei Delta III Prothese bei fast allen Patienten)
- aktive Außenrotation nur durch ausgeprägten Offset (Encore Prothese) oder gleichzeitigen Latissimus Transfer
- Rotatorenmanschettenruptur: 2%-5%