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Notizbuch

Allgemein

- Prävalenz: 1%, ab dem 70. Lebensjahr: 5%
- Männer : Frauen=1:3
- Pathogenese:

  • Antigen-Antikörperreaktion führt zu einer perivaskulären Lymphozytose in der Synovialis
  • chronische Entzündung führt zu einem hyperplastischen Pannus
  • Gelenkschwellung
  • Aktivierung des Komplementsystems, Ausschüttung von Zytokinen
  • Abbau von Proteoglykanen und Kollagen des Knorpels
  • Knochenarrosionen

Einteilung:

- klinische Beurteilung:

  • American College of Rheumatology Tender Joint Count (68 Gelenke): Kriterium ist der
    Gelenkschmerz
  • American College of Rheumatology Swollen Joint Count (66 Gelenke): Kriterium ist die
    Gelenkschwellung

- Larsen-Klassifikation: Beurteilung des Röntgenbilds

  • Stadium 0: normal (0 Punkte)
  • Stadium 1: Weichteilschwellung, leichte Gelenkspaltverschmälerung (1 Punkt)
  • Stadium 2: eine/mehrere kleine Arrosionen (2 Punkte)
  • Stadium 3: ausgeprägte Arrosionen (3 Punkte)
  • Stadium 4: große Arrosionen (4 Punkte)
  • Stadium 5: schwere Deformität/Mutilation (5 Punkte)
  • 10 PIP-Gelenke (Hand), 10 MCP-Gelenke (Hand), 2 Handgelenke, 8 Zehengrundgelenke und 2 Großzehengelenke=32 Gelenke a maximal 5 Punkte=Gesamtpunktzahl von 160 Punkten

- Steinbroker-Klassifikation:

  • Stadium 1: normal, keine knöcherne Destruktion
  • Stadium 2: Osteoporose mit/ohne diskrete knöcherne Veränderungen, leichte Gelenkspaltverschmälerung
  • Stadium 3: Knorpel & Knochendestruktion, Gelenkspaltverschmälerung, Deformität,
    Instabilität
  • Stadium 4: fibröse oder knöcherne Ankylose

Diagnose / Klinik:

- Kriterien für die Diagnose: müssen für 6 Wochen bestehen ACR Klassifikation (American
  College of Rheumatology 1988):

  • Morgensteifigkeit, Dauer min. 1h bis max. Besserung, Dauer >6 Wochen
  • Weichteilschwellung (Arthritis) von 3 oder mehr Gelenken, Dauer >6 Wochen
  • Schwellung (Arthritis) der proximalen Interphalangeal- oder Metakarpophalangeal oder
    Handwurzelgelenke >6 Wochen
  • symmetrische Schwellung (Arthritis) >6 Wochen
  • Rheumaknoten
  • nachweisbare Rheumafaktoren
  • radiologische Veränderungen im Bereich der Hände (zumindest gelenknahe Osteoporose oder Erosionen)
  • Sicherheitsgrad der Diagnose wird durch Anzahl der erfüllten Kriterien bestimmt: sichere rheumatoide Arthritis: 4 oder mehr Kriterien

- 90% der Patienten zeigen Allgemeinsymptome: Schwäche, Gewichtsverlust, Muskel- und
  Gelenkschmerzen, Fieber
- mono- oder polyartikuläre Gelenkbeschwerden
- Verlauf in Schüben: gerade in der Frühphase typisch
- Frühsymptome: Sehnenscheidenentzündung, Bursitiden, Schwellung und Schmerzen in
  den kleinen Gelenken der Hand und des Fußes
- Spätsymptome: Schwellung großer Gelenke (Sprunggelenk, Kniegelenk, Hüftgelenk,
  Schultergelenk)
- natürlicher Verlauf: ¾ der Patienten haben ausgedehnte Arrosionen innerhalb eines
  Jahres (frühe Therapie essentiell): Anti-CCP Antikörper sind prognostischer Parameter
- juvenile rheumatoide Arthritis:

  • Fuß: oft schwere Cavus/Varus- Deformität
  • 3-D-Deformität der Kniegelenke
  • Steifigkeit und Kontrakturen
  • oft „trockene“ Synovialitis
  • früher Schluss der Wachstumsfuge führt zu Dysplasie der Metaphysen: medial/lateral: breit, anterior/posterior: schmal
  • Synovektomie allein oft nicht erfolgreich

- rheumatoide Arthritis:

  • Fuß: Rückfußvalgus
  • Knie: Valgusdeformität
  • „feuchte“ Synovialitis

- wenn ein Patient mit fortgeschrittener rheumatoider Arthritis seine Gehfähigkeit verliert,
  sollte man immer an eine zervikale Myelopathie denken
- zervikale Myelopathie: siehe Kapitel Wirbelsäulenchirurgie
- Laborwerte:

  • Rheumafaktor: Immunoglobuline der Klasse M (IgM) gegen Immunoglobuline der
    Klasse G (IgG)
  • Anti-Nukleäre-Antikörper (ANA): Lupus, Kollagenosen
  • HLA-B27 positiv: Bechterew (90%), Morbus Reiter (80%), reaktive Arthritis (Yersinien,
    Shigellen: 80%), Arthritis psoriatica (30%), chronische Polyarthritis (25%), Normalbevölkerung (5%)

- Gelenkpunktion:

 

  rheumatoide Arthritis Arthrose Infektion
Farbe klar bis trüb (gelb-grün) klar, gelb trüb, eitrig
Viskosität niedrig hoch niedrig
Leukozyten

< 20 000/ml

niedriger als im Blut

< 5000/ ml 

wie im Blut

> 25000/ ml

höher als im Blut

- Röntgenbildgebung

 

Abb. 1-69: Zirkumferenter Verlust des Gelenkspaltes und periartikuläre Osteopenie bei einem Patienten mit rheumatoider Arthritis (A). Im Verlauf führt eine massive Synovialitis zur Zerstörung des Hüftkopfes und Protrusion in das Acetabulum (B)
Abb. 1-69: Zirkumferenter Verlust des Gelenkspaltes und periartikuläre Osteopenie bei einem Patienten mit rheumatoider Arthritis (A). Im Verlauf führt eine massive Synovialitis zur Zerstörung des Hüftkopfes und Protrusion in das Acetabulum (B)
Orthoforum

 

- MRT: Beurteilung der Synovialitis

 

Abb. 1-70: Synovialitis mit Arrosion des Tibiaplateaus und Verschiebung des Meniskus in die Arrosion (A-C), ausgedehnter Pannus (D)
Abb. 1-70: Synovialitis mit Arrosion des Tibiaplateaus und Verschiebung des Meniskus in die Arrosion (A-C), ausgedehnter Pannus (D)
Orthoforum

Therapie:

- Einschätzung des Therapieerfolges:

  • Fortschreiten der Röntgenbildveränderungen: Sharp oder Larsen Stadien
  • Reduktion der Anzahl geschwollener und schmerzhafter Gelenke: ACR 20/50/70
    • ACR 20: Patienten mit einer Reduktion der Anzahl geschwollener und schmerzhafter
      Gelenke um 20% (ACR=American College of Rheumatology)
    • ACR 50: Reduktion um 50%
    • ACR 70: Reduktion um 70 %
    • Beispiel: 65% der Patienten hatten eine Reduktion der geschwollenen und schmerzhaften
      Gelenke um 20%, 25% eine Reduktion um 50% und 10% um 70%

medikamentöse Therapie:

- NSAR, Cox-2-Hemmer
- Basismedikamente und disease modifying antirheumatic drugs (DMARD)

  • Chloroquin, Gold-Präparate, D-Penicillamin, Methotrexat (MTX), Azathioprin, Sulfasalazin
  • MTX ist Methode der ersten Wahl vor dem Einsatz anderer DMARD

- TNF-alpha-Hemmer:

  • Etanercept (Enbrel)
  • Halbwertzeit: 4 Tage (Einnahme: 1-2 /Woche (subkutan))
  • schnellere Symptomminderung jedoch nach einem Jahr gleiches Ergebnis wie MTX
  • Operation: 10 Tage nach letzter Einnahme
  • Infliximab (Remicade)
    • Pharmakokinetik starke Variabilität von Patient zu Patient (Problem)
    • Antikörperbildung
    • Halbwertzeit: 4 Wochen (Einnahme alle 8 Wochen)
    • Operation: 4-8 Wochen nach Einnahme
  • Adalimumab
  • humaner Antikörper und TNF-alpha-Hemmer
  • Infektionsrisiko nach Operation: erhöht
    • 5% ohne TNF-alpha-Hemmer
    • 20% mit TNF-alpha-Hemmer
    • beeinträchtigt Fähigkeit, gram. pos. Keime zu bekämpfen
    • Tuberkulose (Granulombildung beeinträchtigt)
    • Rötung und Hautirritationen im Bereich der Einstichstelle
  • Tumore: Lymphome häufiger

- IL 1-Hemmer:

  • Anakinra (Kineret)
    • Hautirritationen, Blutbildveränderungen (Leukopenie), Kopfschmerzen, Infektionen
    • selten indiziert
    • Wirksamkeit: schlechter als TNF-alpha-Blocker
  • ungeklärt sind die Risiken einer Anwendung während der Schwangerschaft, hier sei vor
    allem auf die Risiken bei Medikamenten mit sehr langer Halbwertzeit hingewiesen.

- Antimetabolite
- orale Steroide

  • heute kaum noch indiziert, in der Regel wird Methotrexat bevorzugt
  • Patienten, die Steroide vor einer Operation einnehmen, müssen nach der Operation in
    der Regel für zwei Tage einen Bolus erhalten

- Radiosynoviorthese:

  • nach 6 Monaten Therapie mit Basismedikamenten, wenn einzelne Gelenke nicht auf die
    Therapie ansprechen
  • Erfolg: um so größer je früher die Behandlung erfolgt
  • Beta-Strahler
  • Gewebedurchdringung:
    • 90Yttrium: 3.6mm große Gelenke (Knie)
    • 186Rhenium: 1.2mm (Schulter, Ellenbogen, Hüfte, oberes Sprunggelenk, unteres
      Sprunggelenk, Handgelenk)
    • 169Erbium: 0.3mm kleine Gelenke (Fingergelenke)

operative Therapie:

- Probleme bei der Operation von Rheumatikern:

  • Rheuma ist eine systemische Erkrankung
  • Medikamente beeinträchtigen das Immunsystem, Leberfunktion, Blutbildung, etc.
  • in der Regel mehrere Gelenke betroffen
  • komplexe Deformitäten
  • schlechte Knochensubstanz

- Ziele: Erhalt der Gehfähigkeit und Selbständigkeit
- Grundprinzipien:

  • sobald die Gehfähigkeit eingeschränkt ist, muss schnell gehandelt werden: nach mehr
    als 3 Monaten Gehunfähigkeit besteht kaum eine Chance, die Gehfähigkeit wieder zu erlangen
  • Operationen sollten kombiniert werden
  • Regionalanästhesie
  • das schmerzhafteste Gelenk zuerst

 

Abb. 1-71: Gelenknahe Arrosionen der Fingergelenke (A), 90-90-Deformität (B), Schwanenhalsdeformität (C)
Abb. 1-71: Gelenknahe Arrosionen der Fingergelenke (A), 90-90-Deformität (B), Schwanenhalsdeformität (C)
Orthoforum

 

- obere Extremität: Reihenfolge, in der die Funktion wiederhergestellt werden sollte

  • Handgelenksstabilität
  • Handfunktion
  • Ellenbogenbeweglichkeit
  • Schulterbeweglichkeit

- untere Extremität: Operationsreihenfolge

  • oberes Sprunggelenk
  • Fußgelenke
  • Hüftgelenk: ein bewegliches Hüftgelenk ist für die Rehabilitation und die korrekte Ausrichtung einer Knieprothese wichtig
  • Kniegelenk: beidseitige Operation, wenn möglich und nötig

 

Abb. 1-72: Rheumatoide Arthritis des Ellenbogengelenks (A,B). Rheumaknoten im Bereich des Ellenbogens (C)
Abb. 1-72: Rheumatoide Arthritis des Ellenbogengelenks (A,B). Rheumaknoten im Bereich des Ellenbogens (C)
Orthoforum

 

- Synovektomie:

  • Mono- oder Oligoarthritis
  • Versagen konservativer/medikamentöser Therapie
  • kurze Anamnese: Symptome für < 6 Monate

- Arthrodese:

  • an den großen Gelenken sehr selten indiziert
  • Indikation: Fußgelenke, (Sprunggelenk) und Handgelenk
  • Problem: Mehrbelastung der angrenzenden Gelenke (Rheumatiker)

 

Abb. 1-73: Rheumatoide Arthritis des Sprunggelenks. Das untere Sprunggelenk und die Chopartgelenke sind bereits knöchern überbaut (A,B). Sprunggelenksarthrodese mit einem retrograden Nagel (C,D)
Abb. 1-73: Rheumatoide Arthritis des Sprunggelenks. Das untere Sprunggelenk und die Chopartgelenke sind bereits knöchern überbaut (A,B). Sprunggelenksarthrodese mit einem retrograden Nagel (C,D)
Orthoforum

 

- Endoprothese:

  • Methode der Wahl für die Therapie der fortgeschrittenen rheumatoiden Arthritis des
    Sprung-, Knie-, Hüft, Ellenbogen- und Schultergelenks
  • Rheumatiker haben oft eine schlechte Knochensubstanz:
    • Kniegelenk: zementierte Verankerung
    • Hüftgelenk: zementierte Verankerung oder Hybrid-Verankerung
    • Schultergelenk: trotz Rotatorenmanschettenruptur wird bei Rheumatikern häufig
      eine Totalprothese verwendet (mit Glenoidersatz)
    • Ellenbogenprothese: zementiert
    • Sprunggelenksprothese: die meisten neuen Implantate werden zementfrei
      implantiert

 

 

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