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Notizbuch

Säuglingsultraschall nach Graf

anatomische Orientierungspunkte:

- Hüftkopfkern:

  • Hüftkopfkern ist im Sonogramm 4-6 Wochen eher als im Röntgenbild sichtbar (6. Lebensmonat).
  • Ist der Hüftkopfkern so stark verkalkt, dass der dahinter gelegene Unterrand des Os ilium nicht mehr identifizierbar ist, kann der Ultraschall nicht mehr zur Beurteilung herangezogen werden: „Kein Heil in der Hüftsonografie ohne Unterrand des Os iliums“ (Prof. Graf)
  • der Hüftkopfkern darf im Ultraschall nicht beurteilt werden, da:
    • nicht rund und
    • nicht im Zentrum des Hüftkopfes

- Knorpel-Knochengrenze: sollte immer sichtbar sein, da dann Verkippungsfehler unwahrscheinlich sind
- Umschlagfalte: hier geht die Gelenkkapsel des Hüftgelenks in das Perichondrium des Trochanter major über
- Labrum acetabulare: Definition
(1) lateral und distal vom hyalinen Pfannendach (Schalloch)
(2) hat direkten Kontakt zum Hüftkopf
(3) befindet sich an der Stelle, an der sich die Gelenkkapsel vom Hüftkopf abhebt

- Os ilium: muss parallel zur Schallebene eingestellt werden
- Perichondrium: das Perichondrium begrenzt das hyalin-knorpelig präformierte Pfannendach nach lateral und geht proximal in das Periost des Darmbeins über

Ausmessen des Ultraschallbildes:

- Standardsituation: „Labrum-Knorpel-Knochen“, Strukturen die man entlang des Hüftkopfes von lateral nach medial findet:
(1) Labrum acetabulare
(2) Knorpeldach
(3) knöcherne Pfanne
- bei der Identifizierung der Leitstrukturen folgt man der

  • Knorpel-Knochen-Grenze des proximalen Femur zum
  • Hüftkopf, zur
  • Umschlagfalte,
  • an der Gelenkkapsel entlang bis zum
  • Labrum (Labrumdefinition) und dann entlang des Hüftkopfes entsprechend der Standardsituation Labrum-Knorpel-Knochen

- Erkerdefinition: Übergang von der Konvexität des Darmbeins in die Konkavität des Acetabulums
- Unterrand:

  • muss ein gut abgrenzbares scharfes Echo sein
  • nicht mit der Fovea centralis, dem Ligamentum capitis femoris oder dem Fettgewebe der Fossa acetabuli verwechseln
  • „Kein Heil in der Hüftsonografie ohne Unterrand des Os iliums“ (Prof. Graf)
    • Ausnahme: luxierte Hüfte

- bevor das Bild ausgemessen wird muss überprüft werden ob:

  • der Unterrand des Os iliums vorhanden ist und
  • die Ebene des Ultraschallbildes in der Standardebene liegt: diese ist durch 3 Punkte definiert:
    • Unterrand des Os iliums
    • senkrechtes Os ilium (Frontalschnitt)
    • sichtbares Labrum acetabulare
    • Check up: Unterrand?, Schnitt?, Labrum?
    • Liegt ein Frontalschnitt vor?
  • beim dorsalen Schnitt fällt das Ilium wie eine Senke ab und entfernt sich vom Schallkopf
  • Frontalschnitt: gerader Verlauf des Os ilium, parallel zum Schallkopf
  • ventraler Schnitt: das Darmbeinecho steigt zum Schallkopf an

- Hilfslinien und Winkel:

  • Grundlinie: vom obersten Erkerpunkt (Übergang des Perichondriums in das Periost des Darmbeins) wird eine Tangente an das knöcherne Os ilium gelegt
  • Pfannendachlinie: vom Unterrand des Os iliums wird eine Linie tangential an die knöcherne Pfanne gelegt
  • Knorpeldachlinie (Ausstelllinie): verläuft vom knöchernen Erker (Übergang der Konkavität in die Konvexität) durch die Mitte des Labrum acetabulare
  • Alpha-Winkel: Winkel zwischen Pfannendachlinie und Grundlinie
  • Beta-Winkel: Winkel zwischen Ausstellinie und Grundlinie

 

Abb. 4-1: Ausmessen des Alpha- und Betawinkels
Abb. 4-1: Ausmessen des Alpha- und Betawinkels
Orthoforum

Hüfttypen nach Graf:

- Typ I: Apha-Winkel ≥60 Grad

  • Typ Ia: Beta-Winkel ≤55 Grad
  • Typ Ib: Beta-Winkel >55 Grad
  • Morphologie:
    • knöcherne Formgebung gut
    • knöcherner Erker eckig (Ia) oder stumpf (Ib)
    • knorpelige Erker übergreifend

- Typ II: Alpha-Winkel 50 bis 59 Grad

  • Typ IIa: Alpha-Winkel zwischen 50 und 59 Grad zum Zeitpunkt der Geburt, bei der Kontrolle nach 6 Wochen wird dann unterschieden zwischen:
    • Typ IIa(+): diese Hüfte wird nach 12 Wochen eine Typ I Hüfte sein
      • dazu muss sich der Alpha-Winkel kontinuierlich vergrößern und schrittweise dem Normwert von mindestens 60 Grad annähern
      • dass heißt, eine Hüfte, die zum Zeitpunkt der Geburt einen Alpha-Winkel von 50 Grad hatte, sollte nach 6 Wochen mindestens 55 Grad erreichen, um als Typ IIa(+) eingestuft zu werden, anderenfalls:
    • Typ IIa(-) erreicht linearen Mindestreifungszuwachs nicht und ist behandlungsbedürftig (Tübinger Spreizschiene)
  • ist nach 12 Wochen kein Alpha-Winkel von 60 Grad erreicht, dann handelt es sich um einen Typ IIb: Therapie mit Tübinger Spreizschiene
  • Morphologie:
    • knöcherne Formgebung mangelhaft (nur bei Typ IIa(+) ausreichend)
    • knöcherner Erker rund
    • knorpeliger Erker übergreifend

- Typ IIc: Alpha-Winkel zwischen 43 und 49 Grad, Beta-Winkel ≤77 Grad

  • Hüfte ist zentriert
  • Typ IIc instabil: wenn unter axialem Druck ein Typ IIc Hüftgelenk in ein Typ D Hüftgelenk überführt werden kann
  • Typ IIc stabil: lässt sich unter axialem Druck nicht in ein Typ D Hüft überführen
  • Morphologie:
    • knöcherne Formgebung mangelhaft
    • knöcherne Erker rund bis flach
    • knorpelige Erker noch übergreifend
  • Therapie: Spreizschiene

- Typ D: Alpha-Winkel zwischen 43 und 49 Grad, Beta-Winkel > 77 Grad

  • Hüftgelenk am Dezentrieren ist im Gegensatz zu den 2er Hüften dezentriert und sollte nicht IId genannt werden
  • Morphologie:
    • knöcherne Formgebung hochgradig mangelhaft
    • knöcherne Erker rund bis flach
    • knorpelige Erker verdrängt
  • Therapie:
    • Reposition & Fettweisgips
    • Alternative: Repositionsbandage (Pavlik)

- Typ III: Alpha-Winkel <43 Grad

  • Typ IIIa knorpeliger Erker ohne Strukturstörung
  • Typ IIIb knorpeliger Erker mit Strukturstörung (Druck führt zu Strukturveränderung und zunehmender Echogenität des hyalinen Knorpels)
  • Morphologie:
    • knöcherne Formgebung schlecht
    • knöcherne Erker flach
    • knorpelige Erker nach cranial verdrängt
  • Therapie: Reposition und Fettweisgips

 

Abb. 4-2: Eine Typ D Hüfte (A), in der Arthrografie lässt sich der Hüftkopf durch Adduktion dislozieren (B) und durch Abduktion reponieren (C)
Abb. 4-2: Eine Typ D Hüfte (A), in der Arthrografie lässt sich der Hüftkopf durch Adduktion dislozieren (B) und durch Abduktion reponieren (C)
Orthoforum

 

- Typ IV: Alpha-Winkel <43 Grad

  • Morphologie:
    • knöcherne Formgebung schlecht
    • knöcherner Erker flach
    • knorpeliger Erker nach caudal verdrängt
  • Therapie: Reposition und Fettweisgips

 

Abb. 4-3: Typ 1A (A), sobald der Hüftkopf ossifiziert, ist der Unterrand des Os iliums im Ultraschall nicht mehr darstellbar (B-C), Typ 4 (D)
Abb. 4-3: Typ 1A (A), sobald der Hüftkopf ossifiziert, ist der Unterrand des Os iliums im Ultraschall nicht mehr darstellbar (B-C), Typ 4 (D)
Orthoforum

 

- unter folgenden Bedingungen kann sich eine Typ 1 Hüfte verschlechtern:

  • Fehldiagnose
  • Cerebralparese
  • Hüftgelenkserguss & Coxitis
  • Sekundärdysplasie bei Zustand nach Therapie einer Hüftdysplasie
  • aus diesem Grund sollte jede 2c, D, 3er und 4er Hüfte nachuntersucht werden:
    • Röntgen mit Laufbeginn
    • Röntgen im 5. Lebensjahr (ggf. Therapie vor Einschulung)
    • Röntgen im 10. Lebensjahr
    • Röntgen nach Wachstumsabschluss
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